Viele Tiere und Pflanzen sehr kalter Gegenden müssen verhindern, dass ihre
Körperflüssigkeiten einfrieren, um zerstörte Zellmembranen und andere schwere
Schäden zu vermeiden. Dazu synthetisieren sie körpereigene
Frostschutzmittel. Zu
den ersten entdeckten Gefrierschutz-Molekülen zählen bestimmte Glykoproteine
(mit Zuckern verknüpfte Proteine) polarer Fische. Japanische Forscher haben
diese Glykoproteine nun systematisch unter die Lupe genommen.
Die aus dem
Blut polarer Fische isolierten Frostschutz-Glykoproteine sind zwar
strukturell sehr unterschiedlich, bestehen erstaunlicherweise aber aus nur einem
einzigen, vielfach wiederholten Motiv, einem Tripeptid mit der
Aminosäure-Sequenz Alanin-Threonin-Alanin. Jedes Threonin ist mit einem
Disaccharid ("Zweifachzucker") aus Galactose und N-Acetyl-Galactosamin versehen.
Die Glykoproteine binden an die Oberfläche von winzigen Eiskristallkeimen und
verhindern, dass diese zu größeren Kristallen anwachsen. So setzen sie den
Gefrierpunkt des
Wasser herab, nicht aber dessen Schmelzpunkt. Diese Differenz
wird als thermische Hysterese bezeichnet und ist ein Maß für die
Frostschutzwirkung eines Stoffes. Darüber hinaus verändern die
Fisch-Glykoproteine die Morphologie der Eiskristalle. Statt gewöhnlicher
Eiskristalle entstehen hexagonale Bipyramiden.
In Fischblut fand das Team um Shin-Ichiro Nishimura
Proteine, die aus vier bis
zu fünfzig Tripeptideinheiten aufgebaut sind. Um herauszufinden, was es mit
diesem Motiv auf sich hat, stellten die Forscher Ketten mit bis zu sieben
Tripeptideinheiten her. Bereits das Monomer zwingt Eiskristallen die hexagonale
Struktur auf. Eine thermische Hysterese ist ab dem Dimer zu beobachten und der
Effekt nimmt mit der Zahl an Tripeptid-Bausteinen zunächst zu. Bei fünf
Bausteinen ist ein Maximum erreicht, die Hysterese lässt sich durch Anbau des
sechsten und siebten Tripeptids nicht weiter steigern.
Auf der Basis spektrometrischer Daten ermittelten die Forscher die
wahrscheinliche 3-D-Struktur des Trimers. Sein Peptid-Rückgrat windet sich in
Form einer linksgängigen Spirale. Die Zucker-Einheiten ragen dabei alle auf die
selbe Seite und bilden so eine hydrophile (wasserfreundliche) Front. Die
hydrophoben (wasserabweisenden) Seitengruppen des Moleküls bilden zusammen eine
hydrophobe Front. Dieser prinzipielle Aufbau scheint allen
Frostschutz-Glykoproteinen gemein zu sein. Außerdem spielen die Struktur der
Zuckereinheiten sowie die Methylgruppe des Threonins eine wichtige Rolle beim
Frostschutz.