Der Mechanismus hinter eisbildenden Bakterien

Wie Bakterienproteine dem Gefrieren von Wasser auf die Sprünge helfen

05.11.2024
© MPI-P

Spezielle „Eisnukleations-Proteine“, die von bestimmten Bakterien produziert werden, besitzen die Fähigkeit, den Gefrierpunkt von Wasser zu steuern.

Spezielle „Eisnukleations-Proteine“, die von bestimmten Bakterien produziert werden, besitzen die Fähigkeit, den Gefrierpunkt von Wasser zu steuern – so effizient, dass kein anderes bekanntes Material mithalten kann. Wie genau diese Proteine funktionieren und wie sich ihre Aktivität gezielt steuern lässt, hat nun ein interdisziplinäres Team um Konrad Meister vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung herausgefunden. Ihre Ergebnisse zeigen, dass bereits ein halbes Dutzend zusammengelagerte Proteine ausreicht, um maximale Aktivität zu zeigen – und sich diese unter spezifisch herbeigeführten Bedingungen bevorzugt zusammenlagern.

Damit Wasser gefriert, braucht es neben Temperaturen unter 0°C auch einen ersten Eiskeim, der den Gefrierprozess in Gang setzt. Wird dieser Eiskeim nicht gebildet, bleibt Wasser selbst bei Temperaturen bis zu -40°C flüssig – ein Phänomen, das als Unterkühlung bekannt ist. Unter den zahlreichen faszinierenden Strategien, die sich in der Natur entwickelt haben, um Unterkühlung zu vermeiden, demonstrieren bestimmte Bakterienarten besonders eindrucksvoll, wie dies gelingt. Diese nutzen spezielle „eiskeimbildende“ Proteine auf ihrer äußeren Membran, um Wassermoleküle zu eisähnlichen Strukturen zu ordnen. Damit diese Proteine jedoch als effektive Vorlagen für Eiskristalle dienen können, müssen sie sich zu Aggregaten ansammeln. Experimentelle Beobachtungen legen nahe, dass lediglich zwei verschiedene Aggregatgrößen existieren, wobei die größere dieser hochgradig angeordneten Strukturen das Gefrieren von Wasser bereits bei Temperaturen nahe 0°C ermöglicht.

Unklar war jedoch, wie viele Proteine für diese Aggregate benötigt werden und durch welchen Mechanismus sich diese überhaupt zusammenlagern. Forschende um Konrad Meister, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Professor an der Boise State University (USA) sind diesen Fragen nun über einen interdisziplinären Ansatz nachgegangen. Hierfür haben sie sich die Gefrieraktivtät von Bakterien der Art „Pseudomonas syringae“ beim Abkühlen auf bis zu -30°C genaustens angeschaut und stellten fest, dass es mehr als nur die zwei ursprünglich vermuteten Aggregatgrößen gibt.

Da bislang die Struktur der Proteine nicht experimentell entschlüsselt worden ist, wurden modernste Strukturvorhersagen genutzt, um diese zu modellieren. Das Forschungsteam um Valeria Molinero, Professorin an der University of Utah, nahm dies als Grundlage für theoretische Methoden, um die benötigten Aggregatgrößen für die beobachtete Gefrieraktivität zu bestimmen.

Die Untersuchungen ergaben, dass sich zunächst äußerst stabile Dimere bilden – das sind Paare aus zwei Proteinen. Diese Dimere fungieren als grundlegende Bausteine und verbinden sich durch elektrostatische Wechselwirkungen zu größeren Strukturen. Erstaunlicherweise, reichen bereits Aggregate aus sechs Proteine aus, um den Gefrierprozess außergewöhnlich effizient einzuleiten.

Weiterhin fanden die Forschenden einen Weg, die Bildung größerer Aggregate durch Stabilisierung des pH-Wertes und Zugabe von einfachen Salzen gezielt zu fördern. Dieses Wissen ist für Anwendungen, wie der bereits etablierten Produktion von künstlichen Schnees, hochinteressant. „Zum ersten Mal konnten wir die Aktivität von bakteriellen Eisnukleatoren gezielt steigern und ihre Stabilität gegenüber schwankenden Umwelteinflüssen verbessern“, sagt Galit Renzer, Hauptautorin der Studie. „Das eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten für innovative Anwendungen wie der Kryokonservierung, sondern liefert auch wertvolle Erkenntnisse im Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels.

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