Tumore entlarven und eliminieren

06.03.2009 - Schweiz

ETH-Forschern vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften ist es gelungen, in Mäusen und Menschen Lymphdrüsentumore zu eliminieren. Sie entwickelten dafür den Antikörper L19, der spezifisch Blutgefässe in Tumorgewebe erkennt. Gleich zwei Studien belegen die ausserordentliche Wirkung von L19.

Nebst der bekannten Strahlen- und der Chemotherapie ist die Radioimmuntherapie eine neue vielversprechende Art der Krebsbehandlung. Bei dieser Therapieform kann selektiv die gewünschte Zellart überall im Körper aufgespürt und direkt am Zielort bestrahlt werden. Dadurch erhalten die Tumorzellen eine hohe Strahlendosis, umliegendes, gesundes Gewebe wird aber maximal geschont. Damit die Radioimmuntherapie nur gegen ausgewählte Zellarten eingesetzt werden kann, ist es notwendig, die Oberflächenstruktur dieser Zellen zu bestimmen. Anschließend muss für genau diese Struktur ein bestimmter Antikörper hergestellt werden.

Eine Sorte von Antikörpern - die sogenannten monoklonalen Antikörper - können gezielt Zellarten aufspüren. "Monoklonal" sind sie deshalb, weil sie auf eine einzige Zelllinie einer Lymphozyte (Weisses Blutkörperchen) zurückgehen. Sie können erkennen, wo sich Krebszellen ausbreiten und sich an diesen festmachen. Das macht monoklonale Antikörper zum begehrten Bestandteil von Medikamenten in der Krebstherapie. Die meisten Antikörper-Krebsmedikamente auf dem Markt können aber Krebs noch nicht heilen.

Aggressive Tumore werden eliminiert

Das Team des ETH-Professors Dario Neri vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften hat nun einen monoklonalen Antikörper entwickelt, welcher die für aggressive Tumore typischen neuen Blutgefäße erkennt. Das funktioniert besonders gut bei malignen Lymphomen - besser bekannt als Lymphdrüsenkrebs. In der neusten Ausgabe der Fachzeitschrift "Blood" beschreiben die ETH-Forscher, wie es ihnen mit Hilfe von Antikörpern gelang, sowohl in der Maus als auch beim Menschen gewisse maligne Lymphome vollständig zu eliminieren.

Medikamente in Sicht

Die Neri-Gruppe entwickelte für ihre Forschungen den Antikörper L19. Für die Radioimmuntherapie kombinierten sie L19 mit einem radioaktiven Stoff zu L19-131I. Erste Studien liefern bemerkenswerte Resultate: Bei Patienten mit einem Lymphdrüsenkrebs, die so behandelt wurden, konnte ein starker Rückgang der Krebszellen beobachtet werden. Drei auf L19 basierende Krebsmedikamente werden momentan getestet. Der Vorteil solcher Krebsmedikamente besteht darin, dass sie auch leicht über das Blutsystem verabreicht werden können.

Wirkung von Rituximab verbessert

Die besten therapeutischen Resultate erzielt zurzeit der Wirkstoff Rituximab. In Kombination mit einer Chemotherapie führte es zu einer fünf Jahre längeren Lebenserwartung bei Patienten mit bestimmten malignen Lymphomen. In einem zweiten Artikel konnten die ETH-Forscher nun zeigen, wie die Substanz L19-IL2 den Effekt des erwähnten Krebsmedikamentes dramatisch verbessert und Lymphdrüsentumore vollständig eliminiert werden.

Der Rituximab-Antikörper markiert die Krebszellen. Durch die Kombination der Stoffe L19 und IL2 ist es der Gruppe um Prof. Neri gelungen, vermehrt weiße Blutzellen - darunter sogenannte Killerzellen - zum Tumor zu locken. IL2 wirkt dabei als Lockstoff für die weißen Blutkörperchen. Die Killerzellen können dann den Tumor attackieren. Bis jetzt wurden diese Ergebnisse erst an Mäusen getestet. Die Mäuse reagierten gut auf die neue Kombinationstherapie, was sich daran zeigte, dass sie kein Gewicht verloren. Die Resultate liefern für Dario Neri die Basis, um L19-IL2 zusammen mit Rituximab oder einem vergleichbaren Antikörper-basierten Medikament in klinischen Studien zu testen.

Originalveröffentlichungen: Sauer et al.; "Expression of the oncofetal ED-B-containing fibronectin isoform in hematologic tumors enables ED-B-targeted 131I-L19SIP radioimmunotherapy in Hodgkin lymphoma patients", Blood 2009

Schliemann et al.; "Complete eradication of human B-cell lymphoma xenografts using rituximab in combination with the immunocytokine L19-IL2", Blood 2009

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