Zusammenhang zwischen Bauchspeicheldrüsenentzündung und Blutgruppe B entdeckt

15.09.2014 - Deutschland

In deutschen Krankenhäusern werden jährlich mehr als 72.000 Patienten mit einer akuten oder chronischen Entzündung der Bauchspeicheldrüse behandelt. Mehr als 1.600 versterben daran. Neben vermeidbaren Risikofaktoren wie zu großem Alkoholkonsum und Tabakrauch spielen auch Gallensteine und eine erbliche Veranlagung eine Rolle bei der Entstehung der Pankreatitis. Besonders mit den erblichen Faktoren beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe um Professor Markus M. Lerch und Dr. Georg Homuth an der Universitätsmedizin Greifswald.

Ausgangspunkt war die bekannte Beobachtung, dass bei der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung höhere Aktivitäten eines Verdauungsenzyms, der Lipase, im Blut erkrankter Patienten zu finden sind. Zunächst haben die Forscher mittels einer sogenannten Genom-weiten Assoziationsstudie (GWAS) an 4.000 gesunden Freiwilligen der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) untersucht, welche genetischen Faktoren bei Gesunden mit dem Vorliegen hoher oder niedriger Lipase-Werte im Blut korrelieren. Hierbei fanden sie eindeutige Assoziationen zwischen spezifischen Varianten (sogenannten Polymorphismen) in drei Genen und der Höhe der Lipase-Werte im Blut. Die drei identifizierten Gene ABO, FUT2 und CTRB2 kodieren die ABO-Blutgruppen-Eigenschaften der Probanden und die Enzyme Fucosyltransferase 2 und Chymotrypsinogen-B2. In einem nächsten Schritt wurden diese Assoziationsbefunde zunächst bei 1.400 gesunden Blutspendern überprüft und bestätigt. Anschließend wurden über 1.000 Greifswalder Patienten mit einer Bauchspeicheldrüsenentzündung untersucht und auch hier bestätigte sich, dass sowohl der sogenannte FUT2-Non-Secretor-Status (also die genetisch bedingte Unfähigkeit, dieses Enzym aus den Drüsenzellen auszuscheiden) als auch die Blutgruppe B ein bis zu 2,5-fach erhöhtes Risiko für eine chronische Pankreatitis erblich vermitteln. Die Erstautorenschaft bei dieser Studie teilen sich Dr. Claudia Schurmann und Dr. Frank Ulrich Weiss.

„Interessant ist, dass diese Erhöhung des Krankheitsrisikos sich vorwiegend auf Patienten mit chronischer Pankreatitis bezieht und nicht auf Patienten mit einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung, unabhängig davon, ob die Patienten zu viel Alkohol trinken oder nicht“, sagt Dr. Schurmann, die zurzeit in New York arbeitet. „Den Risiko-Genvarianten liegt möglicherweise ein gemeinsamer physiologischer Mechanismus in den Bauchspeicheldrüsenzellen zugrunde“, interpretiert Dr. Weiss die Ergebnisse, „weil in Abhängigkeit sowohl von der ABO-Blutgruppe als auch vom FUT2-Non-Secretor- oder Secretor-Status unterschiedliche Zuckerreste an die von Epithelzellen ausgeschiedenen Eiweiße angehängt werden.“

Die Studie, die soeben in der internationalen Fachzeitschrift Gut erschienen ist, konnte mit der Blutgruppe B nun den häufigsten bislang bekannten Risikofaktor für eine Pankreatitis identifizieren. Allerdings sind die Menschen in verschiedenen Ländern unterschiedlich stark davon betroffen, weil die Risiko-Blutgruppe B beispielsweise nur bei 8 % der Norweger, aber bei 32 % der Inder in Kaschmir vorkommt. Der FUT2 Non-secretor-Status betrifft etwa 20 % der Weltbevölkerung. „Zukünftige Studien, die entweder die genetischen Faktoren für eine Pankreatitis weiter untersuchen oder spezifische Therapien überprüfen, werden die Häufigkeiten der entsprechenden Genvarianten in ihren Studienkohorten berücksichtigen müssen“, ergänzen die beiden Senior-Autoren der Studie, Professor Lerch und Dr. Homuth.

„Unsere Ergebnisse sind auch deshalb interessant, weil in einer anderen Studie gezeigt wurde, dass die Blutgruppe B auch einen wichtigen Risikofaktor für die Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs darstellt. Dies weist darauf hin, dass die chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung und das Pankreaskarzinom zum Teil dieselbe genetische Grundlage haben“.

Die Studie, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Europäischen Union finanziert wurde, zeigt erneut nachdrücklich, wie wesentlich auch bevölkerungsbasierte Kohorten wie die SHIP-Studie zur Erforschung der Ursachen von Krankheiten beitragen können.

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