Wissenschaftliches Paradoxon: Phosphat steigert die Konzentration von Natrium (!) im Blut

27.08.2014 - Österreich

Eine unbekannte Rolle des Hormons FGF23 wurde jetzt in einem Projekt des FWF entdeckt. Das Hormon war bisher dafür bekannt, dass es bei einem Zuviel an Phosphat im Blutplasma verstärkt produziert wird und die Wiederaufnahme dieses Mineralstoffes aus dem Harn reduziert. Die neuen Ergebnisse zeigen nun auch eine Wirkung auf die Aufnahme von Natrium. Tatsächlich erhöht das Hormon – über einen jetzt entdeckten komplexen Signalweg – die Häufigkeit eines Transportproteins, das in der Niere der Reabsorption von Natrium aus dem Harn dient. Zu viel Phosphat im Plasma führt also über FGF23 zu einer gesteigerten Aufnahme von Natrium ins Blut – mit allen langfristigen Konsequenzen wie Bluthochdruck und Herzbelastungen.

© Olena Andrukhova

Phosphat erhöht die Konzentration von Natrium im Blut und führt zu Herzvergrößerung – das sind überraschende Ergebnisse eines aktuellen FWF-Projekts.

Speisesalz besteht aus Natrium-Chlorid und fast jeder weiß, dass zu viel Salz nicht nur die Suppe, sondern auch die Gesundheit verdirbt. Hauptverantwortlich ist dabei Natrium, das zu Bluthochdruck und Belastungen des Herzens führt. Dass aber auch zu viel Phosphat die Natriumkonzentration im Blut erhöhen kann, war bisher unbekannt – und wurde nun von einem Team an der Vetmeduni Vienna herausgefunden.

Geregelter Transport

Zentral für diesen überraschenden Zusammenhang ist das Hormon FGF23 (Fibroblast Growth Factor-23). Bislang wusste man, dass zu viel Phosphat im Blutplasma zu seiner verstärkten Herstellung und damit zu einer Reduktion der Phosphataufnahme aus dem Urin führt. Dazu hemmt FGF23 ein Transportprotein, das Phosphat in Zellen aufnimmt. Doch jetzt konnte in Mäusemodellen gezeigt werden, dass FGF23 auch auf ein Transportprotein wirkt, das vornehmlich der Aufnahme von Natrium dient.

Dazu der Leiter der Studie, Prof. Reinhold Erben, Leiter der Abteilung für Physiologie und Pathophysiologie and der Vetmeduni Vienna: "In der Niere wird Natrium unter anderem über den sogenannten Na+:Cl--Kotransporter NCC aufgenommen. Die Häufigkeit dieses Proteins und damit die Menge des aufgenommenen Natriums unterliegt einer Regulierung durch FGF23. Dabei wird die Häufigkeit dieses Proteins durch das Hormon gesteigert und die Aufnahme des Mineralstoffs wird somit – im Gegensatz zum Phosphat – größer."

In einem ersten Versuch zeigte das Team um Prof. Erben, dass in Mäusen, denen FGF23 fehlte, die Häufigkeit von NCC deutlich reduziert und die Aufnahme von Natrium stark eingeschränkt war. Was passierte, wenn FGF23 in gesteigerter Form vorlag, zeigte das Team in zwei weiteren Versuchsansätzen. Zum einen wurde dazu Mäusen zusätzliches FGF23 von außen appliziert und zum anderen wurden Mäuse untersucht, die dank spezieller Anpassungen einen erhöhten Spiegel an FGF23 haben (Hyp-Mäuse). In beiden Fällen waren die Ergebnisse gleich, wie Prof. Erben erläutert: "Die Aufnahme von Natrium in der Niere stieg deutlich an. Das führte zu einer Erhöhung des Blutdrucks sowie zu einer raschen Vergrößerung des Herzmuskels."

Signalwirkung

Seine Wirkung entfaltet FGF23 dabei über eine komplexe molekulare Signalkette, an deren Anfang ein membrangebundener Rezeptor steht. Dieser kann nur dann aktiviert werden, wenn ein sogenannter Ko-Rezeptor, das alpha-Klotho, den Rezeptor vervollständigt. Tatsächlich nahm man lange Zeit an, alpha-Klotho sei das eigentliche Hormon, das die verschiedenen Wirkungen von FGF23 hervorruft. Dank der Arbeit des Teams um Prof. Erben versteht man dies nun besser.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine klare Wirkungskette von einer erhöhten Phosphatkonzentration zu einer verstärkten Produktion von FGF23 und der gesteigerten Aufnahme von Natrium ins Blut – mit all seinen negativen gesundheitlichen Konsequenzen.

Die Ergebnisse erklären auch das gesteigerte Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen von PatientInnen mit Niereninsuffizienz. Diese haben einen erhöhten Phosphatspiegel im Blut, der über FGF23 zu einer erhöhten Natrium-Aufnahme mit den verbundenen Gesundheitsrisiken führen könnte. So leistet das vom FWF unterstützte Projekt nicht allein einen Beitrag zum Verständnis molekularer Regulierungsmechanismen des Mineralstoffhaushalts, sondern bietet auch neue Ansatzpunkte für medizinische Interventionen, um Folgeschäden einer Niereninsuffizienz zu kontrollieren.

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