Forscherteam erhellt Ursachen erblicher Blindheit

Neu entdeckter Gendefekt kappt Nachschub für die Sehzellen

03.08.2007

Wer unter einer erblichen Netzhauterkrankung leidet, wird früher oder später die Sehkraft weitgehend verlieren oder sogar vollständig erblinden. Betroffene, Angehörige, Forscher und Ärzte hoffen, dass durch ein besseres Verständnis der Krankheitsursachen dieses Schicksal eines Tages abgewendet werden kann.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelang nun - koordiniert durch den Genetiker Ronald Roepman aus Nijemegen - einer internationalen Forschergruppe unter Beteiligung eines Teams des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit: Sie identifizierten ein weiteres Gen für die erbliche Netzhauterkrankung Lebersche kongenitale Amaurose (LCA) und fanden erste Anhaltspunkte für dessen Funktion. Dies eröffnet neue Chancen für eine Gentherapie, die gerade bei LCA als viel versprechend betrachtet wird, da die Krankheit durch eine einzige Mutation ausgelöst wird.

LCA führt sehr früh - oft schon kurz nach der Geburt bzw. noch im ersten Lebensjahr - zur Erblindung. Verursacht werden kann die Krankheit durch eine einzige Mutation in verschiedenen Genen - mit dem neu entdeckten LCA5-Gen wurden bisher zehn krankheitsauslösende Gene identifiziert, die insgesamt für etwa 60 Prozent aller LCA-Erkrankungen verantwortlich sind.

Das LCA5-Gen codiert für Lebercilin, ein bisher unbekanntes Protein. Mittels proteomischer Methoden konnte das Team von Dr. Marius Ueffing (GSF-Institut für Humangenetik) zeigen, dass Lebercilin spezifisch mit anderen Proteinen interagiert, die eine Rolle beim Proteintransport in Zellen spielen. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass Lebercilin für den Proteintransport innerhalb der Sehzelle eine wichtige Rolle spielt: Lebercilin bindet - das zeigen elektronenmikroskopische Aufnahmen - innerhalb der als Photorezeptor bezeichneten Sehzelle am stärksten am sogenannten Cilium, der Verbindungsstelle zwischen den inneren und äußeren Segmenten des Photorezeptors. Über dieses "molekulare Förderband" muss auch das Sehpurpur ins äußere Segment der Sehzelle transportiert werden. Dort findet die Rezeption des Lichtes statt. Ist die Lebercilin-Synthese gestört, kann, so die Arbeitshypothese der Forscher, verbrauchtes Sehpurpur im Außensegment nicht mehr ersetzt werden und das Sehvermögen geht verloren.

Originalveröffentlichung: Anneke I den Hollander, Robert K Koenekoop, Moin D Mohamed, Heleen H Arts, Karsten Boldt, Katherine V Towns, Tina Sedmak, Monika Beer, Kerstin Nagel-Wolfrum, Martin McKibbin, Sharola Dharmaraj, Irma Lopez, Lenka Ivings, Grange A Williams, Kelly Springell, C Geoff Woods, Hussain Jafri, Yasmin Rashid, Tim M Strom, Bert van der Zwaag, Ilse Gosens, Ferry F J Kersten, Erwin van Wijk, Joris A Veltman, Marijke N Zonneveld, Sylvia E C van Beersum, Irene H Maumenee, Uwe Wolfrum, Michael E Cheetham, Marius Ueffing, Frans P M Cremers, Chris F Inglehearn & Ronald Roepman; "Mutations in LCA5, encoding the ciliary protein lebercilin, cause Leber congenital amaurosis"; Nature Genetics 2007, 39(7) :889-95.

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