Molekulare Netzwerke in Zellfabriken

12.08.2016 - Deutschland

Eiweiße und Stoffwechselprodukte bilden in Zellen hochkomplexe molekulare Netzwerke, deren innere Abläufe bis heute nicht gänzlich erforscht sind. Selbst in einfachsten Mikroorganismen bestehen die Netzwerke aus mehreren tausend Proteinen (Eiweiße) und Metaboliten (Stoffwechselprodukte), die miteinander agieren und reagieren. Dem besseren Verständnis dieser Netzwerke widmet sich die Arbeitsgruppe um Professor Andreas Tholey, Institut für Experimentelle Medizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Zusammen mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes gelang es dem Forschungsteam, Analysemethoden zu kombinieren und damit neue Erkenntnisse über die Abläufe in molekularen Netzwerken zu erlangen.

„Zellen sind wahre Fabriken“, erklärt Tholey. „Sie sind in der Lage, aus einfachen Ausgangsstoffen wie zum Beispiel Kohlehydraten und Aminosäuren hochwertige Produkte zu synthetisieren. Die Palette reicht von wertvollen Ausgangsstoffen für die chemische und pharmazeutische Industrie bis hin zu intakten Proteinen, welche als Therapeutika bei der Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden können“, so Tholey weiter. Wie in echten Fabriken gebe es auch in Zellen Arbeiter und Maschinen. Auf zellulärer Ebene seien das die Proteine, die unter anderem präzise chemische Reaktionen katalysieren und auch sonst das gesamte Repertoire einer Fabrik-Infrastruktur abdecken: Sie wandeln konstant Metabolite um und stellen dadurch Energie für die eigene Zelle zur Verfügung oder schaffen Ausgangsverbindungen für die Synthese der Endprodukte. „Wegen dieser einzigartigen Fähigkeiten werden Zellen, beispielsweise Bakterien oder Hefen, im zunehmenden Maße biotechnologisch genutzt. In vielen Fällen können mit solchen Prozessen sogar aufwändige chemisch-technische Reaktionen selbst in der Großindustrie ersetzt werden“, weiß Tholey. Das Interesse an der gezielten Produktionssteuerung von Zellfabriken sei entsprechend groß.

Diesem Ziel ist die Arbeitsgruppe um Tholey jetzt näher gekommen. Am Beispiel von Spalthefe (Schizzosaccharomyces pombe) haben sie Methoden zweier Disziplinen der analytischen Chemie, der sogenannten Proteomics und der Metabolomics, sowie der Biotechnologie kombiniert und damit die molekularen Vorgänge in der Zelle untersucht. Mittels sogenannter gekoppelter Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie sowie Methoden der Bioinformatik konnten sie die Änderung von Protein- und Metabolitkonzentrationen in den Netzwerken bestimmen und Vorhersagen für eine verbesserte Kultivierung solcher Hefen treffen. „Unsere Ergebnisse geben wichtige Hinweise darauf, wie wir gezielt die Kultivierungsbedingungen für die Hefe so optimieren können, damit ein bestimmtes Protein signifikant verstärkt produziert und von der Zelle an die Umgebung abgegeben wird“, so Tholey.

Diese neue Methodik habe auch großes Potenzial für Anwendungen weit über die Biotechnologie hinaus, betont der Chemiker: „Vergleichbare molekulare Prozesse und Netzwerke finden sich in allen menschlichen Zellen und in der Vielzahl der Mikroorganismen, mit der Menschen und alle anderen Lebewesen interagieren.“ Somit seien die neuen Erkenntnisse ein wichtiger Schlüssel zum tieferen Verständnis von Prozessen sowohl in Einzelzellen als auch bei der Interaktion von Organismen miteinander. Darüber hinaus könnten mit der Methodik künftig auch die Wirkung von Wirkstoffen oder von neuen Materialien auf Zellen untersucht sowie grundlegende molekulare Prozesse der Biologie analysiert werden.

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