Zell-Stress führt zu Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Kieler Wissenschaftler an internationalem Forschungserfolg maßgeblich beteiligt

08.09.2008 - Deutschland

Genetisch bedingter Stress im Epithel, jener dünnen Zellschicht, die die Grenze darstellt zwischen der Unmenge an Darmbakterien und unserem Immunsystem, wurde als eine Ursache für die entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa entdeckt. Das Wissenschaftsjournal Cell berichtet ausführlich über diese Entdeckung von Professor Arthur Kaser von der Harvard Universität und der Arbeitsgruppe um Professor Stefan Schreiber aus Kiel.

"Veränderungen im XBP1 Gen führen zu Stress in der Eiweiß-Produktionsstelle der Zelle, dem sog. endoplasmatischen Retikulum. Die Schleimhaut kann dann nicht mehr richtig mit Darmbakterien und entzündlichen Signalen umgehen", erklärt Arthur Kaser, der gemeinsam mit Kollegen aus der Harvard Medical School das Thema bearbeitet hat und es nun in Innsbruck weiter verfolgen wird.

Um die Rolle von XBP1 zu untersuchen, haben die Wissenschaftler um Kaser im Tierversuch dieses Gen ausgeschaltet. Dies führte zu spontaner Darmentzündung, die genauso wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen beim Menschen aussah. Als Mechanismus dahinter stellte sich die Unfähigkeit des Schleimhautepithels heraus, mit Darmbakterien angemessen umzugehen und vor allem adäquat auf entzündliche Reize zu reagieren.

Um zu untersuchen, ob XBP1 ein genetischer Risikofaktor für chronisch entzündliche Darmerkrankungen auch beim Menschen sein könnte, wurden zusammen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel über 5.000 Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa und gesunde Personen genetisch analysiert. Dabei konnten die Professoren Kaser aus Innsbruck und Andre Franke aus Kiel spezifische Veränderungen am XBP1 Gen identifizieren, die sich dann in weiteren Untersuchungen als tatsächlich funktionell herausstellten: "Es gab in allen Stichproben eine Assoziation zwischen dem Gen und der Krankheit.", so Franke.

31 Krankheitsgene, die mit den beiden Darmentzündungskrankheiten in Zusammenhang stehen, waren bereits bekannt. Ein guter Teil davon ist in der Arbeitsgruppe von Schreiber am Institut für Klinische Molekularbiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel entdeckt worden. "Während die anderen Mutationen in drei große Gruppen fallen, haben wir mit ER Stress nun eine vierte Gruppe von Veränderungen beschrieben ", bewertet Schreiber das neue Ergebnis. "Für die Diagnostik ist zudem die Entdeckung seltener Mutationen wie im XBP1 Gen viel interessanter als die meisten der bereits bekannten Genveränderungen, die auch bei einer Menge gesunder Menschen vorhanden sind."

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