Life Sciences 2004: Stammzellen von Klonembryonen, Lab-on-a-Chip, Chemie-Nobelpreis für Proteinthema, Genom von Kuh, Ratte, Huhn

Aber auch Flops...

13.12.2004

(dpa) - Schöne neue Welt? Forscher in Südkorea klonen einen menschlichen Embryo und gewinnen daraus Stammzellen. In Regensburg kommt das erste deutsche Retortenbaby zur Welt, dessen Erbgut vor dem Einsetzen in die Gebärmutter auf krank machende Gene getestet wurde. Und 42 Prozent der Deutschen würden sich einer Umfrage zufolge Gewebe aus geklonten Embryonen einsetzen lassen - allerdings nur bei ansonsten unheilbaren Krankheiten. Das Wissenschaftsjahr 2004 bringt Stammzellenforscher und Genetiker voran.

Die südkoreanischen Forscher machen bereits im Februar mit dem menschlichen Klonembryo weltweit Schlagzeilen. Sie isolieren daraus Stammzellen, aus denen in Labor sogar Vorläufer von Nerven, Muskeln, Bindegewebe und Knorpel hervorgehen. Die Forscher hoffen, einmal zerstörtes Gewebe - etwa in Herz und Hirn - zu ersetzen. Das Klonen ist in Deutschland verboten. Doch Wissenschaftler in anderen europäischen Ländern wollen den Südkoreanern folgen: Die erste Genehmigung in Großbritannien zum derartigem Forschungsklonen erhält die Universität Newcastle im August. Ian Wilmut, Schöpfer des Klonschafs Dolly, beantragt im September ebenfalls eine Lizenz zum Klonen. Er will Therapien gegen tödliche Nervenleiden entwickeln.

Ein Schweizer Referendum, das im Dezember zu Gunsten der Forschung an embryonalen Stammzellen ausgeht, bringt das Thema auch wieder in den Deutschen Bundestag, wo es aber auf breite Abgelehnung stößt. Die internationale Politik kann sich auf Konferenzen der Vereinten Nationen unterdessen auch weiterhin nicht auf ein umfassendes Klonverbot beim Menschen einigen.

Im August kommt Deutschlands erstes Retortenbaby zur Welt, dessen Erbgut vor dem Einsetzen in den Mutterleib getestet worden war. Damit sollte eine seltene Erbkrankheit verhindert werden. In Deutschland sind Gentests an Reagenzglasembryonen zwar verboten. Erlaubt sind jedoch Untersuchungen an Polkörpern, die von der unbefruchteten Eizelle abgespalten werden und damit Hinweise auf das Erbgut der Mutter geben. Großbritannien dagegen erlaubt sogar, dass Embryonen mit besonders hohem Krebsrisiko nach der künstlichen Befruchtung zerstört werden.

Auch die Medizin außerhalb der Gen- und Stammzelltechnik macht Fortschritte. Eine zuvor krebskranke Belgierin bringt im September sieben Jahre nach der vorübergehenden Entfernung ihres Eierstockgewebes ein gesundes Baby zur Welt. Ärzte hatten der Frau das Eierstockgewebe vor einer Chemotherapie entnommen, eingefroren und später wieder implantiert.

Siemens und Infinion gewinnen gemeinsam mit dem Frauenhofer-Institut für Silziumtechnik den Zukunftspreis für auf einem Chip verankerte Biomoleküle als hoch empfindliches Sensorsystem für DNA oder Proteine, Lab-on-a-Chip.

Am Freitag wurde der Nobelpreis für Chemie an zwei Israelis und einen Amerikaner für ihre Arbeiten zum Proteinabbau verliehen. Die Zelle hängt die Markierungssubstanz Ubiquitin wie einen Adressaufkleber an nicht mehr benötiget Proteine, die dann mit diesem Aufkleber versehen im zelleigenen Müllverwerter (Proteasom) zerhäckselt werden .

2004 ist auch ein gutes Jahr für Physiker. Nach langem Tauziehen geht der Forschungsreaktor FRM-II in Garching bei München in Betrieb. Der Reaktor soll als Hochleistungsquelle für Atomteilchen namens Neutronen dienen. Wiener Forscher beamen Lichtteilchen von einer Seite der Donau zur anderen. In Innsbruck teleportieren Forscher sogar Atome, allerdings nur zehn Milliardstel Meter weit.

Ansonsten berichteten Forscher von Überresten eines 18 000 Jahre alten Zwergmenschen in Indonesien, der nur einen Meter groß war, und Münsteraner Biologen entdecken eine neue Meerscheinchenart. Japaner stellen ein Mäuseweibchen ohne Vater her, das aus einer Eizelle hervorging, die das Erbgut von zwei weiblichen Mäusen in sich trug. Genetiker entziffern unter anderem das Erbgut von Kuh, Ratte und Huhn.

Einige Forschungsansätze stellen sich 2004 jedoch auch als Flop heraus: Die Frankfurter Unfallklinik verzichtet erstmal auf den Einsatz des Operationsroboters «Robodoc», um ein Gutachten über mögliche Risiken abzuwarten. Hüftgelenkoperationen mit dessen Hilfe stellen jedoch keinen ärztlichen Kunstfehler dar, wenn genügend über die Gefahren aufgeklärt wurde. Der Anthropologe Rainer Protsch von Zieten soll zahlreiche Menschenschädel falsch datiert haben. Die Universität Frankfurt hatte ihm zuvor schon wegen einem anderen Betrugsverdacht Hausverbot erteilt.

Die Zerstörung der Natur nimmt weiter zu. Fast ein Viertel der Säugetiere, beinahe ein Drittel der Amphibien und rund zwölf Prozent der Vogelarten sind nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) gefährdet. Der Waldzustandsbericht für Deutschland verzeichnet mit 28 Prozent gesunder Bäume einen Negativrekord. Eine gute Nachricht: Einige Steinkorallen immerhin, können sich an die steigenden Meerestemperaturen anpassen.

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