Prostatakrebs: MikroRNAs könnten Hinweise auf die Aggressivität des Tumors geben

19.09.2011 - Deutschland

Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der Männer in Deutschland. Ein erheblicher Anteil der Tumore muss wegen des langsamen Wachstums und des geringen Metastasierungspotenzials nicht behandelt werden. Der andere Teil erweist sich unter Umständen jedoch als sehr aggressiv und führt ohne Eingriff schnell zum Tod des Patienten. Die Abschätzung, wie sich der Tumor verhalten wird, ist derzeit schwierig. In einem Kooperationsprojekt sind Prof. Bernd Wullich an der Uniklinik Erlangen und Prof. Friedrich Grässer am Uniklinikum des Saarlandes auf der Suche nach Biomarkern, die eine frühzeitige Prognose des Wachstumsverhaltens der Tumoren ermöglichen.

Bernd Wullich

Produktion von MikroRNA im Prostatagewebe: A) gesundes Prostatagewebe; B) bösartig verändertes Prostatagewebe; MikroRNA-produzierende Zellen färben sich bei dieser Nachweismethode blau ein. MikroRNA wird im Gewebe des Prostatakarzinoms deutlich stärker produziert als im gesunden Gewebe. MikroRNA können ausschließlich in der obersten Zellschicht der Prostata und in Krebszellen nachgewiesen werden. (Metho in situ Hybridisierung; gefärbt mit einer Sonde gegen miR-200c)

Prostatakrebs gilt als „Tumor des alten Mannes“. Zu Unrecht: 30 Prozent der Patienten mit einem neu entdeckten Prostatakrebs sind jünger als 65 Jahre. Die Vorhersagemodelle zur Risikoabschätzung bei Prostatakarzinomen beruhen im Wesentlichen auf der Menge des im Serum nachweisbaren „Prostata-spezifischen Antigens“ (PSA) und der Untersuchung von Gewebeproben durch erfahrene Pathologen. Ziel des aktuellen Forschungsvorhabens ist die Entwicklung individueller Biomarker um das Wachstumsverhalten von Tumoren voraussagen zu können.

Dabei haben sie so genannte mikroRNAs (miRNAs) im Visier. MikroRNAs sind kurze RNA-Moleküle, die die Produktion von Eiweißen in der Zelle steuern. Sie sind unter anderem beteiligt an der Abwehr von Virusinfektionen und bei der Zelldifferenzierung. Darüber hinaus scheinen sie auch das Wachstum von Zellen zu beeinflussen. In manchen Fällen führt die gesteigerte Produktion bestimmter miRNAs zum Zellwachstum, bei anderen miRNAs kann derselbe Effekt durch deren Hemmung erzielt werden. Ungeklärt ist bislang auch, auf welche Abschnitte im Erbgut die miRNAs Einfluss nehmen.

Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen sind vielversprechend. In der erstzen Projektphase haben die Arbeitsgruppen um die Professoren Wullich und Grässer die in gesundem und mäßig bösartig verändertem Prostatagewebe vorkommenden mikroRNAs erfasst und beschrieben. Neben einigen schon bekannten miRNAs konnten neue, bislang nicht mit der Entstehung von Prostatakrebs in Verbindung gebrachte miRNAs sowie einige ihrer Zielstrukturen im Erbgut identifiziert werden.

In der aktuellen zweiten Projektphase weiten die Forscher ihre Analysen auf sehr aggressive Tumore aus. Sie wollen herausfinden, inwieweit spezifische Muster bei der Produktion von miRNAsin den Krebszellen eine Vorhersage erlauben, ob die Krankheit harmlos oder aggressiv verläuft. Dazu setzten sie prostata-spezifische Biochips in das Tumorgewebe ein. Außerdem soll die Funktion der in den Tumoren veränderten Eiweiße näher untersucht werden. Prof. Wullich formuliert das Fernziel des Projektes: „Da miRNAs relativ leicht in Gewebe eingebracht oder durch geeignete Methoden stillgelegt werden können, eröffnen sich neben verbesserten Diagnoseverfahren potenziell auch neue Therapieansätze für Prostatakrebs“.

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert die zweite Phase dieses Forschungsprojekts mit rund 200.000 Euro, nachdem die erste Projektphase bereits im selben Umfang unterstützt wurde.

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