Pfizer und BioNTech liefern erste positive Daten für SARS-CoV-2-Impfstoffkandidaten

Produktionskapazitäten werden auf eigenes Risiko der Unternehmen hochgefahren

02.07.2020 - Deutschland

Pfizer Inc. und BioNTech SE gaben vorläufige Ergebnisse aus den USA für den am weitesten fortgeschrittenen ihrer vier klinischen Impfstoffkandidaten bekannt, der aus dem mRNA-basierten Impfstoffprogramm BNT162, genannt Projekt Lightspeed, stammt. BNT162 richtet sich gegen SARS-CoV-2, dem Erreger, der die aktuelle globale Pandemie verursacht. Das BNT162-Programm umfasst mindestens vier Impfstoffkandidaten, die jeweils eine einzigartige Kombination aus mRNA-Format und Zielantigen darstellen. Das Manuskript mit den vorläufigen Daten für den nukleosidmodifizierten messenger-RNA-, kurz modRNA-Impfstoffkandidaten, BNT162b1, der für ein optimiertes Antigen der Rezeptor-Bindungs-Domäne (RBD) von SARS-CoV-2 codiert, befindet sich derzeit im Peer-Review-Prozess für eine mögliche Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift. Insgesamt zeigen die vorläufigen Daten, dass BNT162b1 in den verabreichten Dosen gut vertragen wurde und eine dosisabhängige Immunogenität induzierte. Diese wurde durch die Messung der Konzentration an RBD-bindenden IgGs sowie SARS-CoV-2-neutralisierenden Antikörpertitern bestimmt.

PixxlTeufel, pixabay.com, CC0

Symbolbild

„Der ersten klinischen Daten von BNT162b1 stimmen uns sehr zuversichtlich. Dies ist der Erste der vier von uns untersuchten mRNA-Kandidaten, für den wir vorläufige positive Ergebnisse haben“, sagte Kathrin U. Jansen, Ph.D., Senior Vice President and Head of Vaccine Development von Pfizer. „Wir streben danach, mögliche bahnbrechende Impfstoffe und Medikamente zu entwickeln und angesichts der globalen Gesundheitskrise ist dieser Antrieb stärker denn je. Wir freuen uns, die Daten so schnell wie möglich in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zu publizieren“.

„Diese vorläufigen Daten sind sehr ermutigend, da sie zeigen, dass der Impfstoffkandidat BNT162b1, der auf das RBD-Antigen von SARS-CoV-2 abzielt, eine Immunantwort mit neutralisierenden Antikörpern im Menschen induzieren kann. Diese Antikörper-Level liegen gleichauf oder oberhalb der Werte, die in Rekonvaleszenz-Seren beobachtet wurden – und das bei relativ niedrigen Dosen. Wir freuen uns darauf, zusätzliche Daten zu BNT 162b1 zu veröffentlichen“, sagte Ugur Sahin, CEO und Mitgründer von BioNTech.

In der laufenden, randomisierten, verblindeten, Placebo-kontrollierten Phase-1/2-Studie in den USA werden Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität von steigenden Dosen von BNT162b1 untersucht. Im ersten Teil der Studie nahmen 45 gesunde Probanden im Alter von 18-55 Jahren teil. Die vorläufigen Daten evaluieren BNT162b1 in 24 Probanden, die jeweils zwei Injektionen mit je 10 µg bzw. 30 µg Impfstoff erhielten, 12 Probanden, die jeweils eine einzelne Dosis mit 100 µg erhielten, sowie neun Probanden in der Kontrollgruppe, die jeweils zwei Dosen Placebo erhielten.

Die Probanden erhielten im Abstand von 21 Tagen zwei Dosen Placebo oder 10 µg bzw. 30 µg BNT162b1 oder eine Einzeldosis von 100 µg des Impfstoffkandidaten. Aufgrund eines starken Booster-Effekts wurden die höchsten neutralisierenden Antikörper-Titer in Seren von Probanden, die 10 µg oder 30 µg Impfstoff erhalten hatten, an Tag 28 nach der Impfstoffgabe (sieben Tage nach Verabreichung der zweiten Dosis) beobachtet. Der geometrische Mittelwert der neutralisierenden Antikörpertiter war 168 für die 10 µg-Dosis und 267 für die 30 µg-Dosis. Dies entspricht dem 1,8-fachen bzw. dem 2,8-fachen des geometrischen Mittelwertes von 94, der in Seren von 38 Patienten gefunden wurde, die sich von einer COVID-19-Erkrankung erholt haben.

In allen 24 Probanden, die zwei Impfungen mit je 10 µg bzw. 30 µg BNT162b1 erhalten hatten, konnte nach der zweiten Injektion eine Erhöhung der Konzentration von RBD-bindenden IgGs festgestellt werden. Der geometrische Mittelwert (GMC) der Konzentrationen lag an Tag 28 (sieben Tage nach der Immunisierung) bei 4,813 units/ml und 27,872 units/ml. Dies entspricht dem 8-fachen bzw. 46,3-fachen des Mittelwerts von 602 units/ml, der in Seren von 38 Patienten gefunden wurde, die sich von einer COVID-19-Erkrankung erholt haben.

In allen 12 Probanden, die mit einer einzigen Impfdosis von 100 µg BNT162b1 behandelt wurden, konnten an Tag 21 nach der Injektion RBD-bindende IgGs mit einem GMC von 1,778 units/ml sowie neutralisierende Antikörper gegen SARS-CoV-2 mit einem GMT von 33 festgestellt werden. Dies entspricht dem 3-fachen bzw. 0,35-fachen des GMC bzw. GMT in den humanen Rekonvaleszenz-Seren.

Bei den Probandengruppen mit der 10 µg- bzw. 30 µg-Dosis traten Nebenwirkungen, einschließlich Fieber, häufiger nach der zweiten als nach der ersten Impfung auf. Nach der zweiten Dosis berichteten 8,3 % der Probanden der 10 µg-Dosis-Gruppe und 75 % der 30 µg-Dosis-Gruppe über leichtes Fieber ≥ 38.0 °C. Die lokalen und systemischen Reaktionen nach der Injektion mit 10 µg bzw. 30 µg BNT162b1 waren dosisabhängig, meist mild bis moderat in ihrer Ausprägung und traten nur kurzzeitig auf. Die am häufigsten vorkommende lokale Reaktion war ein Schmerz an der Einstichstelle. Diese war mild bis moderat ausgeprägt, mit Ausnahme von einem der 12 Probanden aus der 100 µg-Dosis-Gruppe, der schwere Reaktionen nach der Behandlung zeigte. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Da die Probandengruppe, die eine einzige 100 µg-Dosis BNT162b1 erhielt, eine höhere Anzahl an lokalen und systemischen Reaktionen bei gleichzeitig nicht-erhöhter Immunogenität im Vergleich mit der 30 µg-Dosis-Kohorte aufwies, erhielten diese 12 Probanden keine zweite Impfstoffdosis.

Zusammen mit weiteren präklinischen und klinischen Daten werden diese vorläufigen Ergebnisse von den beiden Unternehmen dazu verwendet, die richtige Dosis zu identifizieren sowie eine Auswahl aus den verschiedenen Impfstoffkandidaten zu treffen, um die großangelegte, globale Phase-2b/3-Studie zur Untersuchung der Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes schnell beginnen zu können. Abhängig von der behördlichen Genehmigung, soll die Studie, an der mehr als 30.000 gesunde Probanden beteiligt sein könnten, im späten Juli 2020 beginnen. Die vorläufigen klinischen Daten der laufenden Studie wurden für ein Peer-Review-Verfahren zur Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift eingereicht und sind aktuell bereits online auf einem Preprint-Server verfügbar.

Der BNT162b1-Impfstoffkandidat bleibt weiterhin in der klinischen Entwicklung und ist in keinem Land der Welt für den Gebrauch zugelassen. Sollte die Studie erfolgreich verlaufen und der Impfstoff die behördliche Zulassung erhalten, planen die beiden Firmen, bis Ende 2020 bis zu 100 Millionen Impfstoffdosen und bis Ende 2021 möglicherweise mehr als 1,2 Milliarden Impfstoffdosen produzieren zu können. BioNTech und Pfizer würden hierbei gemeinsam daran arbeiten, den potentiellen COVID-19-Impfstoff weltweit (ausgenommen China, wo BioNTech eine Partnerschaft mit Fosun Pharma für die klinische Entwicklung und Kommerzialisierung eingegangen ist) zur Verfügung zu stellen. Die Entwicklung des Impfstoffs wird auch von Partnern wie Acuitas Therapeutics unterstützt. Das kanadische Unternehmen stellt Lipid-Nanopartikel (LNP) für die Formulierung verschiedener mRNA-Impfstoffe her.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Forschung & Entwicklung

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Kampf gegen Krebs: Neueste Entwicklungen und Fortschritte