KITTU 2.0: Künstliche Intelligenz-Prototyp zur optimierten Tumortherapie wird weiterentwickelt

09.12.2025
© UM/Peter Pulkowski

Univ.-Prof. Dr. Philipp Drees (Wissenschaftlicher Vorstand, 1.v.r.) gratuliert Univ.-Prof. Dr. Axel Haferkamp, Dr. Verena Kauth und Dr. Gregor Duwe (v.l.n.r., alle Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie der UM) zur fortgesetzten Förderung.

Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben zusammen mit Experten des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern und des Universitätsklinikums Tübingen das Projekt „KITTU 2.0: Prospektive Multizentrische Klinische Studie zur Evaluierung einer KI-unterstützten Therapieempfehlung von Patientinnen und Patienten in der Urologischen Onkologie“ gestartet. Dabei handelt es sich um die prospektive, multizentrische klinische Evaluierung des zuvor entwickelten Prototyps eines auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierenden, erklärenden – und damit transparenten Assistenzsystems für Tumortherapieempfehlungen in der urologischen Onkologie.

An der Universitätsmedizin Mainz startet ein Forschungsprojekt, um den Prototyp eines auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Assistenzsystems für urologische Tumortherapien weiterzuentwickeln. Diesen hatten Forschende der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie der Universitätsmedizin Mainz zusammen mit Experten des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern in der ersten Phase des Verbundprojekts erfolgreich entwickelt. In dem kürzlich gestarteten Folgeprojekt „KITTU 2.0: Prospektive Multizentrische Klinische Studie zur Evaluierung einer KI-unterstützten Therapieempfehlung von Patientinnen und Patienten in der Urologischen Onkologie“ erfolgt nun dessen multizentrische klinische Evaluierung. Im Rahmen ihrer Förderlinie Translatorik unterstützt die ForTra gGmbH der Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) das Projekt über einen Zeitraum von zwei Jahren mit 555.000 Euro.

Ziel des neu entwickelten KI-Assistenzsystems ist es, Ärzt:innen dabei zu unterstützen, für urologisch-onkologische Tumorpartient:innen die optimale Therapie auszuwählen. Dafür kommt es bei sogenannten Tumorboards zum Einsatz. In diesen interdisziplinär besetzten Fallkonferenzen erarbeiten Expert:innen gemeinsam Empfehlungen für individuelle Krebstherapien. Für ihre Entscheidungen greifen sie auch auf eine große Menge medizinischer Daten zurück – die für jeden einzelnen Patienten individuell ausgewertet werden müssen.

„Insbesondere für die schnelle Auswertung von umfangreichen Datenmengen kann Künstliche Intelligenz von großem Nutzen sein“, erklärt Prof. Dr. Prof. h.c. Andreas Dengel, Konsortialpartner des KITTU-Projekts sowie KI-Botschafter des Landes Rheinland-Pfalz und Geschäftsführender Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern. „Um das KI-Assistenzsystem für urologisch-onkologische Therapieentscheidungen zu entwickeln, haben wir daher im ersten KITTU-Projekt aus Hunderttausenden von Informationen über Patientinnen und Patienten mit Prostata-, Urothel- oder Nierenzellkarzinom eine umfassende Datenbank erstellt. Anschließend trainierten wir die Technologie in einem zweistufigen Prozess, der die Empfehlungen von Tumorboards nachahmt. Es ist uns gelungen, ein Dashboard zu entwickeln, das automatisiert eigenständige, erklärbare Therapien empfehlen kann.“

KITTU erstellt zuerst eine grobe Vorhersage der relevanten Therapieart, also Medikament oder Operation. Anschließend weist es spezifizierte Angaben aus, also beispielsweise, welches Medikament es konkret empfiehlt. Anhand von Diagrammen im Dashboard bietet es zudem eine erklärende Übersicht über die Patientenfaktoren, die den größten Einfluss auf den KI-generierten Therapievorschlag hatten. Darüber hinaus lassen sich extrahierte Studiendaten in das Dashboard inkludieren, wodurch zusätzlich zum individuellen Therapievorschlag passende, evidenzbasierte Studieninformationen für die Therapieentscheidung automatisiert verfügbar gemacht werden.

„KITTU ist sehr gutes Beispiel für erfolgreiche interdisziplinäre Grundlagenforschung zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Medizinsektor. Es ist eine außerordentliche Leistung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass es ihnen gelungen ist, einen Prototyp für ein erklärendes und damit transparentes KI-Assistenzsystem für Tumortherapieempfehlungen in der urologischen Onkologie erfolgreich zu entwickeln. Eine erfolgreiche Translation dieser Innovation in die klinische Patientenversorgung könnte zukünftig die Behandlungsqualität von Tumorpatientinnen und -patienten steigern“, erklärt der Wissenschaftliche Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Philipp Drees.

„Erste Projektergebnisse zeigen, dass anhand von retrospektiven Patientendaten die Empfehlungen eine Genauigkeit von über 70 Prozent erreichen. Je nach Tumorentität und Empfehlung liegt die Genauigkeit des KI-Assistenzsystems sogar bei bis zu 90 Prozent“ erläutern der Mainzer Projektleiter Dr. Gregor Duwe und seine Teamkollegin Dr. Verena Kauth von der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie der Universitätsmedizin Mainz. „In unserem nun gestarteten Folgeprojekt KITTU 2.0 führen wir eine prospektive, multizentrische Evaluierung des Systems durch. Dabei vergleichen wir, inwieweit die Empfehlungen der Tumorkonferenz-Teilnehmenden mit den jeweiligen KITTU-Empfehlungen übereinstimmen bzw. sich unterscheiden – und zwar aktuell noch ohne dass die menschlichen Entscheider Kenntnis von der KI-generierten Empfehlung haben. Unser langfristiges Ziel besteht darin, dass das speziell entwickelte KI-Assistenzsystem KITTU in den Tumorboards bewusst genutzt werden kann, um die anstehenden evidenzbasierten Entscheidungsfindungen zu optimieren.“

Univ.-Prof. Dr. Igor Tsaur, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Urologie am Universitätsklinikum Tübingen, die als neuer Partner und Studienzentrum an der Studie beteiligt ist, erklärt: „Wir hoffen, dass KITTU langfristig dazu beitragen kann, die Prozessbeteiligten zu entlasten und aus einer Vielzahl geeigneter Therapien die optimale für den Patienten zu ermitteln und hierdurch die Lebensqualität zu verbessern.“

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