Megakaryozyten als „Türsteher“ und Regulatoren der Zellmigration im Knochenmark

17.07.2019 - Deutschland

In einer neuen Studie zeigen Wissenschaftler der Universität Würzburg und des Universitätsklinikums Würzburg, dass Megakaryozyten als eine Art „Türsteher“ auftreten und so die Eigenschaften von Knochenmarksnischen und die Dynamik der Zellmigration verändern.

Rudolf-Virchow-Zentrum, Uni Würzburg

Abb 1: Illustration von 3D-Fluoreszenzbildern, als biolog. Vorlage für Zellmigrationssimulationen (Rot: Gefäße, Grün: Megakaryozyten, Dunkelblau: Hemapoetische Stammzellen, Cyan: Neutrophile)

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Abb 2: Simulation der Zellmigration im Knochenmark mit einstellbaren Parametern (siehe Beschriftung).

Rudolf-Virchow-Zentrum, Uni Würzburg
Rudolf-Virchow-Zentrum, Uni Würzburg

Die Hämatopoese ist der Prozess der Bildung von Blutzellen, der überwiegend im Knochenmark auftritt. Das Knochenmark produziert alle Arten von Blutkörperchen: rote Blutkörperchen, Blutplättchen und weiße Blutkörperchen (Leukozyten). Eine der bekanntesten Arten weißer Blutkörperchen sind Neutrophile - sie helfen dem Körper bei der Bekämpfung von Infektionen und sind die am häufigsten vorkommende Subpopulation von Leukozyten. Sie sind kurzlebig und sehr mobil, und können in Gewebearten eindringen, wo andere Zellen / Moleküle keinen Zugang haben.

Alle hämatopoetischen Zellen, die sich im Knochenmark entwickeln, müssen die Blutgefäßwand durchqueren, um in den Blutkreislauf zu gelangen. Blutplättchen werden durch riesige, weitgehend unbeweglichen Vorläuferzellen, sogenannte Megakaryozyten freigesetzt, deren dicke Ausläufer in die Sinusoide des Knochenmarks eindringen. Auf diese Weise produzieren reife Megakaryozyten Blutplättchen und geben sie an den Blutkreislauf ab, um eine konstante Blutplättchenzahl aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus regulieren sie die hämatopoetische Stammzellakkumulation, sowohl positiv als auch negativ.

Um das komplexe Zusammenspiel der einzelnen Komponenten besser zu verstehen, ist die Darstellung des gesamten Knochenmarks und deren subzellulärer Auflösung entscheidend, aber immer noch eine technische Herausforderung. Die Forschungsgruppen von Prof. Katrin Heinze und Dr. David Stegner etablierten jetzt eine umfassende 3D-Bildrekonstruktions- und Segmentierungs-Pipeline für verschiedene Knochenmarkkomponenten. Diese segmentierten Objekte, die aus der Fluoreszenz-Lichtscheibenmikroskopie abgeleitet werden, dienen als Vorlagen für Computersimulationen der Zellverteilung und ihres Migrationsverhaltens im Knochenmark (siehe Abbildung 1).

Megakaryozyten beeinflussen die Zellmigration signifikant

In dieser Studie stellten die Wissenschaftler fest, dass die Migration von hämatopoetischen Stammzellen und Neutrophilen von der Größe und Verteilung der Megakaryozyten abhängt. Daher legen diese Simulationen nahe, dass Megakaryozyten eine wichtige Rolle bei der Zellmigration spielen, auch wenn sie nicht selbst migrieren. Stattdessen stellen die großen Megakaryozyten passive Hindernisse dar und beeinflussen somit die Migration anderer Zellen, wie hämatopoetischer Stammzellen und Neutrophilen, im Knochenmark erheblich. In der Tat bestätigte die Intravitalmikroskopie, dass die Mobilität der Neutrophilen bei Mäusen mit verminderter Thrombozytenzahl, bei denen das Megakaryozytenvolumen erhöht ist, verringert war (siehe Abbildung 2).

Diese Studie zeigt, wie die Kombination fortschrittlicher bildgebender Verfahren in Kombination mit Computersimulationen diese Hypothese präzisieren kann. Heinze sagt: „Für Simulationen repräsentieren Gitter und Kugeln die Komplexität des Gefäßsystems und seiner Zellen nicht ausreichend. Im Gegensatz dazu sind unsere von Bildern abgeleiteten Objekte als biologische Schablonen haushoch überlegen, da sie die physiologische Architektur im Knochen sehr gut widerspiegeln.“

"Diese Studie weist auf die Bedeutung der biomechanischen Eigenschaften des Knochenmarks für die Regulierung der Zellmotilität hin; ein wichtiger Faktor, der bisher nicht ausreichend gewürdigt wurde. Unsere Daten zeigen eindeutig, dass die volumetrische Analyse der Anzahl und Lokalisierung von Megakaryozyten zusätzliche Informationen liefert, die helfen, unser Bild von der Dynamik und den Mechanismen des Knochenmarks zu konkretisieren“, erklärt Stegner.

Dieses Werkzeug kann nicht nur 3D-Studien zum dynamischen Zellverhalten unterstützen, sondern auch dazu beitragen, Tierversuche zu reduzieren, wenn Hypothesen computergestützt getestet und simuliert werden können. Auch jenseits der Knochen- und Blutforschung kann die Methode für jedes Organ oder Gewebe verwendet werden, um eine dynamische Kartierung ausgewählter Zelltypen und -strukturen in Bezug auf Gesundheit und Krankheit zu erforschen.

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