Start-ups in München: Wettbewerb um Talente dämpft Wachstumserwartungen

Einsatz von Venture Capital noch relativ wenig verbreitet

09.11.2018 - Deutschland

München gehört zu den Metropolen in Deutschland, in denen start-ups den angespannten Arbeitsmarkt am stärksten spüren: Rund zwei Drittel der Münchner Start-ups (64 Prozent) berichten von Schwierigkeiten bei der Mitarbeitersuche – vier Prozentpunkte mehr als noch im Vorjahr. Besonders kritisch ist die mangelnde Verfügbarkeit von benötigten Fachkräften: 63 Prozent der Start-ups geben diese als Ursache für die Recruitingprobleme an – bundesweit sind es lediglich 47 Prozent. Neben dem allgemeinen Fachkräftemangel wird die Rekrutierung neuer Kollegen im Raum München durch zu hohe Gehaltsvorstellungen der Bewerber erschwert, wie 38 Prozent der Gründer bestätigen. Gut ein Fünftel (22 Prozent) stellt zudem fest, dass Bewerber lieber in etablierten Unternehmen arbeiten wollen. Dies geht aus der Studie „Start-up-Unternehmen in Deutschland 2018“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervor, für die insgesamt 1.000 Start-ups, darunter 50 aus dem Raum München, befragt wurden.

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Symbolbild

Kampf um MINT-Bewerber dämpft Wachstumserwartungen

Der Fachkräftemangel trifft die Jungunternehmen zu einer Zeit, in der sie ihre Personaldecke eigentlich weiter aufstocken wollen. Zwar fällt das geplante Mitarbeiterwachstum nicht mehr ganz so stark wie im Vorjahr aus, die Belegschaften sollen aber weiterhin um durchschnittlich sieben Prozent zulegen (2017: 22 Prozent). Besonders intensiv suchen Münchner Start-ups derzeit nach Programmierern und IT-Sicherheitsexperten.

„In einer wirtschaftlich starken Region wie München sind Start-ups einem besonders harten Wettbewerb um neue Mitarbeiter ausgeliefert – gerade im MINT-Bereich, in dem auch viele große Unternehmen Leute suchen. Um diesen Wettbewerb für sich zu entscheiden, können Start-ups nicht mehr allein mit flachen Hierarchien oder großem Gestaltungsspielraum punkten. Auch das Thema Gehalt spielt eine zunehmende wichtige Rolle," sagt Eckhard Späth, Leiter des PwC-Standorts in München.

Die schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt spiegelt sich auch in den Wachstumserwartungen der Münchner Jungunternehmen wider: Während sie im vergangenen Jahr noch von einem Umsatzplus von durchschnittlich zwölf Prozent ausgingen, haben sich die Ziele für 2018 auf etwas konservativere acht Prozent eingependelt, was dem bundesweiten Durchschnitt entspricht.

Venture Capital spielt bislang nur bei wenigen Gründungen eine Rolle

Den Zugang zu finanziellen Mitteln in der Region München beurteilen 28 Prozent der Gründer als „sehr gut“ und 60 Prozent als „eher gut“. Entsprechend ist der Anteil der Unternehmen, die ausschließlich auf Eigenmittel setzen, in den vergangenen Jahren deutlich gesunken: Während im letzten Jahr noch 22 Prozent der Start-ups angaben, ihre Gründung allein aus eigener Kraft finanziert zu haben, sind es in diesem Jahr nur noch zehn Prozent. Mit 80 Prozent setzt die Mehrheit auf eine Mischfinanzierung aus Eigen- und Fremdmitteln. Auffällig ist der geringe Anteil der Münchner Start-ups, die Venture Capital von etablierten Unternehmen erhalten haben: Dieser liegt mit acht Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von zwölf Prozent. Gleichzeitig machte diese Form von Venture Capital bei denjenigen Start-ups, die es erhalten haben, einen sehr hohen Anteil an der Gesamtfinanzierung aus (75 Prozent vs. 47 Prozent im Bundesdurchschnitt).

„Viele Gründer in München agieren bei der Finanzierung ihres Vorhabens nach wie vor erstaunlich konservativ. Nur wenige sind bereit, sich frühzeitig für fremde Investoren zu öffnen. Dadurch behalten sie zwar lange die Kontrolle über das eigene Unternehmen, spätestens wenn es aber darum geht, das Geschäftsmodell schnell zu skalieren, wird diese Strategie zu einem gefährlichen Hemmschuh," sagt Remo Rechkemmer, Ansprechpartner der PwC-Start-up-Initiative Next Level im Raum München

Trotz Herausforderungen: Start-ups schätzen den Standort München

Insgesamt ist die Zufriedenheit mit dem lokalen Ökosystem mit 96 Prozent Zustimmung ausgesprochen hoch und hat sich gegenüber dem Vorjahr sogar noch um acht Prozentpunkte verbessert. Neben der allgemeinen Qualität der Gründerszene schätzen die Münchner Start-ups insbesondere die vielen Kooperationsmöglichkeiten mit etablierten Unternehmen sowie die digitale Infrastruktur. „München bietet beste Voraussetzungen für Gründer und hat sich als einer der wichtigsten Start-up-Standorte in Deutschland etabliert“, bilanziert Dr. Michael Kramer, Beratungs- und Bewertungs-Spezialist der Next Level Initiative in München. „Aber natürlich muss die Politik die Rahmenbedingungen im Auge behalten, um dauerhaft mit anderen Standorten mithalten zu können. Denn gerade für junge Unternehmen sind die hohen Kosten ein Problem.“ Tatsächlich empfinden die befragten Start-ups vor allem die hohen Lebenshaltungskosten und bürokratische Hürden als hinderlich. Doch zu einer Abwanderungsbewegung führt das noch nicht: Lediglich zwei Prozent der Befragten planen einen Standortwechsel innerhalb der kommenden zwölf Monate.

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