Die Ursache von Morbus Crohn: Eine Genkopie zuwenig schwächt die Abwehr

19.07.2006

Vom Gen für ein wichtiges Verteidigungsmolekül des Körpers - beta-Defensin-2 - besitzen Morbus Crohn-Patienten mit Dickdarmbefall eine Kopie weniger als gesunde Menschen. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Wissenschaftlern aus dem Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart, und dem Deutschen Krebsforschungszentrum, Heidelberg, fand damit einen möglichen Auslöser für die chronischen Entzündungen.

Morbus Crohn ist eine chronische entzündliche Erkrankung des Verdauungstrakts, die hauptsächlich den unteren Dünndarm (Ileum) und den Dickdarm betrifft. Die Ursachen der Erkrankung sind nicht bekannt; man vermutet, dass genetische und Umweltfaktoren beteiligt sind.

Defensine sind eine der zahlreichen Waffengattungen im Abwehrarsenal des menschlichen Immunsystems. Die aus nur rund 30 Eiweißbausteinen zusammengesetzten Peptide wirken wie körpereigene Antibiotika, die die Schleimhäute vor Bakterienbefall schützen. Patienten mit der Dickdarmbefall durch Morbus Crohn weisen einen niedrigeren Spiegel von beta-Defensinen in den Schleimhäuten auf. Forscher aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und aus den Universitäten Wien und Davis, Kalifornien, entdeckten nun unter der Federführung von Dr. Klaus Fellermann und Professor Eduard F. Stange, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, dass die Anzahl der Defensin-Genkopien einen entscheidenden Einfluss auf das Entstehen der Erkrankung hat.

Defensin-Gene sind in Clustern auf dem Chromosom 8 angeordnet. Die Anzahl dieser Cluster schwankt innerhalb der Bevölkerung erheblich - Forscher sprechen von einem Polymorphismus. Das Wissenschaftlerteam zeigte nun, dass Patienten mit Dickdarmbefall durch Morbus Crohn im Durchschnitt nur drei Kopien des Gens für beta-Defensin-2 aufweisen. Im Gegensatz dazu findet man bei gesunden Kontrollpersonen, aber auch bei Patienten mit Dünndarmbefall oder mit Colitis ulcerosa, einer anderen entzündlichen Darmerkrankung, im Schnitt vier Kopien dieses Gens pro Zelle.

Die Wissenschaftler zeigten, dass die geringere Kopienzahl der Gene tatsächlich mit einer verringerten Produktion des körpereignen Antibiotikums einhergeht und damit den bekannten niedrigen Defensin-Spiegel erklärt. Sie vermuten, dass die Verteidigung der Darmschleimhaut dadurch durchlässig wird, Bakterien sich anheften und in die Schleimhaut eindringen können, was zu den typischen Entzündungsherden des Morbus Crohn führt.

An der schubweise verlaufenden Erkrankung, die nach dem amerikanischen Arzt Dr. Burill Bernhard Crohn benannt ist, leiden in Deutschland schätzungsweise 150.000 Menschen, die Neuerkrankungsrate liegt bei rund 5 pro 100.000 Einwohnern pro Jahr. Die Erkrankungshäufigkeit ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Morbus Crohn-Patienten haben auch ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.

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