Mit dem Computer Medikamente gezielt ins Gehirn einbringen

BrainLAB eröffnet neue Perspektiven in der Behandlung von Hirntumoren

20.09.2004
(ots) - Das Münchner Medizintechnikunternehmen BrainLAB entwickelt derzeit eine neue Software, mit der Medikamente zur Behandlung bestimmter Hirntumore ganz gezielt in das Gehirn eingebracht werden können. Das Computerprogramm zeigt bereits im Vorfeld der Behandlung an, wie sich ein Medikament im Gehirn des Patienten verteilen wird. Mit Hilfe dieser Simulation lässt sich dann bestimmen, wo und in welcher Dosis die zur Behandlung erforderlichen Wirkstoffe injiziert werden müssen, um erkrankte Zellen zu erreichen. In den USA ist die Beta-Version der Software bereits an drei Kliniken im Einsatz, darunter das Duke Comprehensive Cancer Center in Durham, North Carolina. Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Forschung und Bildung sowie den United States National Institutes of Health. Eine erste Software-Version soll im Frühjahr 2005 auf den Markt kommen. Das Gehirn schützt sich äußerst effektiv gegen Umweltgifte. Die so genannte Blut-Hirn-Schranke verhindert, dass Fremdstoffe aus dem Blut in das zentrale Nervensystem eindringen. Leider erschwert dieser wichtige Schutzmechanismus aber zugleich die Therapie von Krankheiten des Gehirns, denn viele Arzneimittel können nicht aus dem Blut ins Hirngewebe übertreten. Mediziner injizieren deshalb seit einiger Zeit Medikamente über kleine Schläuche direkt ins Gehirn, zum Beispiel zur Behandlung bestimmter Hirntumore. Bisher hatte dieses Verfahren jedoch einen entscheidenden Schwachpunkt: Die Verteilung ist für jeden Patienten und für jede Gehirnregion so unterschiedlich, dass der Arzt nur schwer die Zielregion genau treffen kann. Daher gibt es bislang keine Garantie, dass die Arzneien in ausreichender Konzentration zum kranken Hirnareal gelangen. Computer berechnet dreidimensionale Leitfähigkeitskarte des Gehirns Basierend auf laufenden Entwicklungen von Dr. Raghu Raghavan und Dr. Martin Brady aus Baltimore, USA, macht die neue Software von BrainLAB diese Therapie wesentlich effektiver und sicherer. Das Computerprogramm berechnet, wie sich ein Medikament voraussichtlich im Gehirn verteilen wird. Vorteil: Die Ärzte können jetzt genau festlegen, an welcher Stelle sie die Arzneien injizieren müssen, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Zur Durchführung der Simulation erstellt der Computer zunächst anhand von Kernspintomographie-Bildern eine individuelle dreidimensionale Karte vom Gehirn des Patienten. Aus ihr geht die "Leitfähigkeit" des Hirngewebes für die Trägerubstanz der Wirkstoffe hervor. Diese Leitfähigkeit entscheidet darüber, wie sich die Arznei verteilt - die Flüssigkeit folgt dem Weg des geringsten Widerstandes. Anhand der individuellen "Leitfähigkeitskarte" berechnet der Computer dann den Ausbreitungsweg der Arznei. Dr. John Sampson, Neurochirurg am Duke Comprehensive Cancer Center, der an der Entwicklung und Erprobung der Software maßgeblich beteiligt ist, kommentiert: "Diese Software ist für uns ein unverzichtbares Werkzeug, um Medikamente gezielt in den Tumorherd einzubringen. Seit langem arbeiten wir daran, Medikamente präzise in bestimmte Gehirnregionen zu verabreichen, jedoch schlugen ohne diese Software die überwiegende Zahl dieser Versuche fehl. Die Medikamente liefen zum Teil einfach aus dem Gehirn heraus, oder sie gerieten in Regionen, die nicht vom Tumor befallen waren. Mit der neuen BrainLAB-Software werden solche Fehlschläge in der Regel verhindert. Die Software hilft uns sicherzustellen, dass das Medikament tatsächlich das Tumorgewebe erreicht." BrainLAB-Software könnte neuen Therapien zum Durchbruch verhelfen Für die Therapie von Krankheiten des Gehirns bietet die Software ganz neue Chancen: Weil die direkte Gabe von Medikamenten nun zuverlässig funktioniert und somit die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke für eine Arznei nicht mehr beachtet werden muss, kann eine größere Zahl von Wirkstoffen zum Einsatz kommen. Die Entwicklung von neuen Medikamenten gegen bösartige Hirntumore wie Glioblastome ist bereits weit fortgeschritten. An den Studien zur Behandlung von Glioblastomen beteiligen sich international über 50 Kliniken. Dr. Christoph Pedain, Business Development Manager bei BrainLAB, der das Projekt verantwortet: "Wir sind überzeugt, dass unsere neue Software Pharma-Unternehmen dabei helfen wird, die Verabreichung von Medikamenten besser zu verstehen und in klinischen Versuchen zu berücksichtigen. Auf diese Weise kann unsere Software auch die Resultate klinischer Prüfungen verbessern, was sich dann in Form einer schnelleren und sichereren Zulassung neuer Medikamente auszahlt."

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