Controlling in der Biotechnologie

08.05.2003
Die Zeiten des leicht beschafften Geldes sind auch in der Biotechnologie vorbei. "Geld verdienen" lautet das neue Credo. Das ist ein beachtlicher Paradigmenwechsel, denn damit wird der forschende Gründer endgültig - und manchmal nolens volens - zum Unternehmer. Zu diesem Paradigmenwechsel gehört auch, dass das Controlling in der Biotechnologie die Bedeutung erhält, die es in anderen Branchen schon lange hat. Wie aber ist Controlling in den meist jungen Unternehmen der Biotechnologie zu gestalten? Welche Auswertungen sind wichtig? Wie soll der Controlling-Prozess ablaufen und wer steuert ihn? Und schließlich: was muss man dafür ausgeben? Controlling bedeutet Steuerung über Zahlen Biotech-Unternehmen sind F+E-getriebene Firmen. Leider konzentriert sich dabei alles allzu oft auf den forschungsspezifischen Erkenntnisgewinn - nach dem Motto: gute Projekte finden immer ihren Markt. Dass dies leichter gesagt ist als getan, zeigt sich an der zunehmenden Zahl von Fällen, in denen das Geld "bis zum Markt" nicht reicht und sich weiteres Kapital nicht finden will. Erforderlich ist in jedem Unternehmen und unabhängig von der aktuellen Liquiditätslage eine fundierte Steuerung der betriebswirtschaftlichen Input/Output-Relationen anhand möglichst belastbarer Zahlen. Genau das ist Controlling. Bei der betriebswirtschaftlichen Input/Output-Relation bedeutet Output "Markt" und damit die Frage: Wer gibt mir wann wie viel für meine Produkte oder meinen Erkenntnisgewinn? Input wiederum sind die Kosten: Welche Kosten habe ich dafür in meiner Organisation und sind das die tatsächlichen Kosten? Hinzu kommen Fragen der Effizienz und des Wettbewerbs. Bin ich gut und schnell genug oder können andere das besser und vor allem schneller? Diese Fragen sollten mit konkreten und fundierten Zahlen beantwortet werden. Erfolgsrechnungen im Plan und Ist für die verschiedenen Geschäftsaktivitäten sind von zentraler Bedeutung Nur wer für seine Projekte und Produkte auf Sicht eine positive Input/Output-Relation erreicht, wird überleben! Daher verlangt Controlling in der Biotechnologie Erfolgsrechnungen für die einzelnen Produkte, Dienstleistungen und Projekte. Projekte können dabei sowohl eigene "stand alone"-F+E-Projekte sein als auch Kooperationen. Gerade bei Projekten fällt es leichter, die zeitnah anfallenden Ausgaben zu quantifizieren als die später folgenden Einnahmen. Um so wichtiger, die zu erwartenden periodischen oder aperiodischen Einnahmen realistischen Vergleichen auszusetzen. Sind Einnahmen erst in einigen Jahren geplant, werden mehrjährige Erfolgsrechnungen für alle Geschäftsaktivitäten um so wichtiger. Für jedes einzelne Projekt und jeden Produktbereich ist zu zeigen, wann der Break-even-Punkt erreicht soll! Dies wird in den meisten Businessplänen bislang nicht geleistet. In den heute üblichen Businessplänen wird nur eine Erfolgsrechnung für das Gesamtunternehmen gezeigt. Sie bildet das Unternehmen auf der obersten Verdichtungsebene ab. Tatsächlich aber haben Unternehmen i. d. R. verschiedene Geschäftsaktivitäten, z. B. Forschungskooperationen, in denen Einnahmen von einem strategischen Partner erzielt werden, und eigene F+E-Projekte, die zunächst ausschließlich Ausgaben verursachen. Für diese verschiedenen Geschäftsfelder sind jeweils eigene Erfolgsrechnungen aufzustellen, um ein klares Bild zu bekommen. Aber auch innerhalb jedes Geschäftsfeldes sind bei mehreren geplanten Projekten jeweils einzelne Erfolgsrechnungen erforderlich, um den spezifischen Cash-flow zu erkennen. Das Reporting ist analog dazu aufzubauen. Cash-flow-Rechnung als stufenweise Deckungsbeitragsrechnung Die Deckungsbeiträge (DB) sind der Input-/Output-Überschuss auf Produkt- bzw. Projekt-Ebene. Die Summe der Deckungsbeiträge muss auf Sicht immer positiv sein und hoch genug zur Deckung des Overhead. "Auf Sicht" meint dabei i. d. R. den Liquiditätshorizont. DB-Rechnungen sollten bei jungen Firmen nur zahlungswirksame Größen umfassen, denn bei ihnen geht es zunächst meist darum, dass das Unternehmen als ganzes sich auf einen positiven Cash-flow hin entwickelt. Erst wenn der Cash-flow nachhaltig positiv ist, rückt die GuV-orientierte Deckungsbeitragsrechnung in den Vordergrund. Die stufenweise Deckungsbeitragsrechnung zeigt, welche Überschüsse bzw. Fehlbeträge wo entstehen. Die unterste Stufe zeigt dabei alle Ein- und Auszahlungen, die einem Projekt oder einem Produkt unmittelbar zuzuordnen sind. Dies sind alle Umsätze einerseits sowie die unmittelbar zurechenbaren Ausgaben andererseits. Zu letzteren zählen u. a. Personalzeiten, Einsatzstoffe sowie ggf. Marketingausgaben, Kongresse, Mietanteile, Stromverbräuche etc. Eine mehrjährige Betrachtung zeigt, wann welches Geschäftsfeld in die schwarzen Zahlen kommt und wie hoch dann die jeweils auf der untersten Stufe noch nicht gedeckten Ausgaben sind. Die verbleibenden Ausgaben der höheren Verdichtungsebenen ( der sogenannte Overhead) sind durch die Deckungsbeiträge der verschiedenen Geschäftsaktivitäten zu decken und gerade hier stellt sich dann die Frage: ist das optimal? Controlling ist Kommunikation auf der Basis belastbarer Zahlen Diese Ausführungen sollen deutlich machen, dass jedes Unternehmen in Biotechnologie, Medizin- und Labortechnik für Planung und Ist ein Zahlenwerk benötigt, das fundierte strategische und operative Zahlen ermöglicht. Diese Zahlen sind aber kein Selbstzweck. Vielmehr ist wichtig, dass über sie intensiv gesprochen wird, denn erst dadurch werden sie zum einem wirklichen Steuerungsinstrument des Unternehmens. Externe Datenverarbeitung spart Kosten Und was soll ein solches Controlling kosten? Nun, gute Informationen sind teuer. Aber gerade kleinere Unternehmen können viel Geld sparen, indem sie die Datenverarbeitung outsourcen. Hierdurch werden geeignete IT-Lösungen bezahlbar und die zeitaufwändigen und fehleranfälligen Doppeleingaben in Exceltabellen entfallen. Bei richtiger Konzeption des Controlling-Systems werden dann Auswertungen möglich, die Entscheidungen tatsächlich herbeiführen, von denen im nachhinein alle sagen, dass sie es schon längst gewusst hätten - aber keiner hat etwas getan. Dieser Controlling-Prozess, der auf der Basis gesicherter Auswertungen vor allem ein Kommunikationsprozess ist, kann durch einen externen Controlling-Experten hilfreich begleitet werden.

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