Wie sich mRNA-Wirkstoffe optimieren lassen
Neue Studie zeigt: Die Stereochemie von Lipid-Nanopartikeln beeinflusst Sicherheit und Wirksamkeit entscheidend
Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung, der Hokkaido University und der Osaka University hat entdeckt, dass kleinste Unterschiede in der molekularen Struktur von Nanopartikeln einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von mRNA-basierten Arzneimitteln haben können. Die im Journal of the American Chemical Society veröffentlichten Ergebnisse , ebnen den Weg für sicherere und wirksamere Impfstoffe und Therapien.

Die Zellüberlebensrate (linke Felder) und die GFP-Expression (rechte Felder) nach Einführung von ALC-15-Isomeren. Die (S,S)-Form lieferte GFP-mRNA effizient und zeigte dabei eine geringe Toxizität.
Max-Planck-Institut für Kohlenforschung/Hokkaido University
Um therapeutische Nukleinsäuren wie mRNA in Zellen einzuschleusen, nutzen Forschende Lipid-Nanopartikel (LNPs) – winzige, fettbasierte Transportvehikel, die das empfindliche Erbmaterial schützen, es im Körper stabilisieren und zu den Zielzellen bringen. Ein zentraler Bestandteil dieser LNPs sind ionisierbare Lipide: Sie ermöglichen es der mRNA, in die Zellen einzudringen, und unterstützen ihre gezielte Freisetzung. Ein solches Lipid, ALC-315, kam unter anderem im Pfizer/BioNTech-Impfstoff gegen COVID-19 zum Einsatz. Damals ein medizinischer Durchbruch, der wesentlich zur Eindämmung der Pandemie beigetragen hat.
Stereochemie: Ein übersehener Einflussfaktor
Obwohl der Impfstoff als sicher und hochwirksam gilt, blieb ein bemerkenswerter Aspekt bislang weitgehend unbeachtet: ALC-315 wird als Gemisch aus drei Stereoisomeren verwendet. Stereoisomere sind Moleküle mit identischer chemischer Formel, aber unterschiedlicher räumlicher Anordnung, vergleichbar mit linken und rechten Händen. Dieser Unterschied ist keineswegs trivial. In biologischen Systemen können Stereoisomere ganz unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, etwa bei Aufnahme, Verteilung oder Abbau von Wirkstoffen. Bislang wurden die drei Isomere von ALC-315 – (S,S), (R,R) und meso – jedoch nie einzeln im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit von LNPs untersucht.
In ihrer wegweisenden Studie haben Dr. Chandra Kanta De vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung und seine Kollegen nun erstmals jedes dieser Isomere einzeln synthetisiert und getestet. „Wir haben gezeigt, dass die Stereochemie direkt die Wirksamkeit und Sicherheit von LNPs beeinflusst“, erklärt Dr. De. „Besonders interessant ist, dass die (S,S)-Form mRNA ebenso effizient transportiert wie das Standardgemisch, dabei aber deutlich weniger toxisch ist.“ Dr. Masumi Tsuda von der Hokkaido University, der gemeinsam mit Prof. Shinya Tanaka die biologischen Analysen durchführte, ergänzt: „Es wäre großartig, wenn unsere Forschung zur Entwicklung sichererer Impfstoffe beitragen könnte.“
Die Ergebnisse sind hochrelevant, denn die LNP-Technologie wird längst nicht mehr nur für COVID-19-Impfstoffe genutzt: Sie eröffnet neue Perspektiven in der Gentherapie oder bei personalisierten Krebsimpfstoffen. Mit der Verbreitung mRNA-basierter Therapeutika wächst auch der Bedarf nach präzise optimierten Komponenten. Die vorliegende Studie liefert hierfür eine wichtige Grundlage und könnte den Weg zu sichereren und wirksameren Medikamenten in einer Vielzahl künftiger Anwendungen ebnen.
Originalveröffentlichung
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Originalveröffentlichung
Chandra Kanta De, Masumi Tsuda, Chendan Zhu, Stefanie Dehn, Heike Hinrichs, Nobuya Tsuji, Hui Jin, Hisashi Arase, Shinya Tanaka, Benjamin List; "The Overlooked Stereoisomers of the Ionizable Lipid ALC315"; Journal of the American Chemical Society, 2025-7-31
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