Hauskatzen können sich mit SARS-CoV-2 infizieren

Werden sie krank? Und tragen sie zum Infektionsgeschehen bei?

09.12.2021 - Deutschland

Hauskatzen können sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren. Rund vier Prozent aller Hauskatzen haben sich während der ersten Infektionswelle im Frühjahr bis in den Sommer 2020 angesteckt, wahrscheinlich bei ihren Besitzerinnen und Besitzern. Diesen Befund veröffentlichten deutsche und niederländische Forschende unter der Leitung von Professor Dr. Albert Osterhaus, Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo), im Dezember im Journal „Emerging Infectious Diseases“ der amerikanischen Centers for Disease Control. In ihrer Studie erprobten sie einen Labortest, der in allen tierärztlichen Labors eingesetzt werden kann.

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Symbolbild

In deutschen Haushalten leben etwa 15,7 Millionen Katzen. Können auch sie sich mit dem SARS-CoV-2 anstecken? Werden sie krank? Und tragen sie zum Infektionsgeschehen bei? „Bisher gab es einzelne Studien zur Transmission unter Laborbedingungen und anekdotische Beobachtungen infizierter Katzen aus verschiedenen Ländern“, sagt Albert Osterhaus, Research Center for Emerging Infections and Zoonoses an der TiHo. „Unsere Studie bietet einen guten Überblick über Europa.“ Für die Studie analysierten er und sein Team insgesamt 2.160 Blutproben von Katzen aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien und Spanien – genug aus jedem Land, um eine realistische Einschätzung der Verbreitung des Virus zu erlauben, wie die Autoren und Autorinnen feststellen.

Die Blutproben der Tiere stammten aus einem diagnostischen Labor, an das sie aus verschiedenen Gründen unabhängig von Corona geschickt worden waren. Um die Antikörper nachzuweisen, die nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion im Blut vorkommen, nutzten die Forschenden zwei verschiedene Methoden. Der etablierte Virus-Neutralisationstest kann nur in Laboren der biologischen Sicherheitsstufe 3 durchgeführt werden. Osterhaus’ Labor verglich die Ergebnisse des Neutralisationstests mit einer Nachweismethode, bei der nur der Hauptteil des Spikeproteins des Virus eingesetzt wird. „Jedes veterinärmedizinische Labor kann diese Tests durchführen“, erklärt der Leiter der Studie. Und er erwies sich als ähnlich empfindlich und spezifisch wie der aufwendigere Neutralisationstest.

Insgesamt fanden die TiHo-Forschenden in 4,4 Prozent aller Blutproben SARS-CoV-2 spezifische Antikörper; dabei war der Anteil der positiv getesteten Katzen in Spanien mit 6,4 Prozent am höchsten und in Großbritannien mit 3,3 Prozent am niedrigsten. 4,2 Prozent der Proben aus Deutschland enthielten SARS-CoV-2 spezifische Antikörper. „Das ist erstmal eine Zahl“, sagt Virologe Osterhaus. „Nicht viel, nicht wenig.“ Er geht davon aus, dass die Katzen sich ausschließlich bei Menschen angesteckt haben: „In dieser frühen Phase der Pandemie waren Menschen die einzig denkbare Infektionsquelle.“ Und obwohl erkrankte Katzen das Virus ausscheiden, gebe es bisher keine Hinweise darauf, dass sie Menschen anstecken und zur Ausbreitung des neuen Coronavirus beitragen. „Wir müssen trotzdem wachsam sein“, mahnt er. Bei Nerzen habe man gesehen, wie sich das Coronavirus explosionsartig ausbreitet, wenn die Bedingungen dafür günstig sind. „Unsere Hauskatzen leben natürlich nicht in engen Käfigen wie Zuchtnerze“, sagt Osterhaus. „Aber viele Katzenhalter pflegen einen sehr engen und vertrauten Umgang mit ihren Tieren.“ Das sei vermutlich auch einer der Gründe für die vergleichsweise niedrigere Zahl infizierter Hunde, die andere wissenschaftliche Studien beschreiben.

„Wir hätten unsere Ergebnisse gern mit dem Infektionsstatus der Tierbesitzer korreliert“, sagt Osterhaus, „um abschätzen zu können, wie hoch das Risiko ist, dass im Haushalt lebende Katzen sich bei infizierten Menschen mit SARS-CoV-2 anstecken. Diese Daten standen uns leider nicht zur Verfügung.“ TiHo-Virologin Claudia Schulz, Erstautorin des Artikels, weiter: „Vergleiche mit Ergebnissen aus wissenschaftlichen Feldstudien zu SARS-CoV-2 spezifischen Antikörpern beim Menschen, beispielsweise aus Spanien, deuten jedoch auf einen Zusammenhang mit dem Prozentsatz SARS-CoV-2 Antikörper-positiver Katzen hin.“

Der von ihnen beschriebene Labortest eigne sich für breite Screeninguntersuchungen von Katzen, schreibt das Autorenteam aus Hannover, Delft und Utrecht. Das eröffnet die Möglichkeit, sich jederzeit einen Überblick über die Verbreitung der Infektion unter Katzen zu verschaffen. Und obwohl die Tiere in der Regel keine oder sehr milde Symptome zeigen, rät Osterhaus Tierärztinnen und Tierärzten dazu, Katzen im Zweifelsfalls per PCR-Test auf eine SARS-CoV-2-Infektion zu untersuchen. „Tierhalter, die selbst oder deren Katzen erkrankt sind, sollten zudem im Umgang mit ihnen die gleichen Hygiene- und Abstandsregeln einhalten, wie wir es unter Menschen inzwischen kennen“, sagt er.

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