Struktur und Funktion eines dritten Hilfsfaktors für die Proteinsynthese von Pilzen aufgeklärt

Wissenschaftlerteam gelingen wichtige Einblicke in den Ablauf der Proteinsynthese von Pilzen

25.08.2006

Die Herstellung von Proteinen ist eine der wichtigsten Funktionen lebender Organismen und erfolgt in allen Zellen in vergleichbarer Weise. Eine Sonderrolle spielen jedoch die Pilze. Im Gegensatz zu anderen Lebensformen benötigen sie für die Proteinsynthese einen zusätzlichen Hilfsfaktor, der bei keinem anderen Organismus vorkommt. Wissenschaftlern der Charité Berlin, der Universität Aarhus, der Johnson Medical School, New Jersey, der Ludwig-Maximilians-Universität München und des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik ist es jetzt gelungen, die molekulare Struktur dieses zusätzlichen Hilfsfaktors, des Elongationsfaktors eEF3, aufzuklären. Ihre Ergebnisse sind von großer Bedeutung für das Verständnis der Unterschiede der Proteinsynthese von Pilzen und anderen Organismen und eröffnen den Weg für die Entwicklung einer neuen Klasse von Wirkstoffen und Medikamenten gegen Pilze (Fungizide).

Nach heutigem Stand des Wissens gehen Wissenschaftler davon aus, dass Proteine ihre Aufgaben in der Regel nur im Verbund mit anderen Proteinen erfüllen können - Forscher sprechen von sogenannten "molekularen Maschinen". Der Prototyp einer molekularen Maschine ist das Ribosom, ein großer Komplex aus Proteinen und RNA-Molekülen, der für die Proteinsynthese der Zelle verantwortlich ist. Wie alle molekularen Maschinen besitzt es nicht nur einen äußerst komplizierten Aufbau, sondern auch sein Betrieb wird in komplexer Art und Weise reguliert. Die Frage nach der Zusammenarbeit der einzelnen Partner gehört zu den großen Herausforderungen der modernen Strukturbiologie.

Bei der Synthese von Proteinen wird die Information der Gene in eine spezifische Abfolge von Aminosäuren, den Grundbausteinen der Proteine, übersetzt. Dies geschieht bei allen Zellen der lebendigen Welt mit zwei Hilfsfaktoren, sogenannten Elongationsfaktoren, die in höheren Organismen als Elongationsfaktor 1A (EF1A) bzw. Elongationsfaktor 2 (EF2), in Bakterien als EF-TU bzw. EF-G bezeichnet werden. Nur bei Pilzen wie beispielsweise der Hefe gibt es einen dritten Hilfsfaktor, den Elongationsfaktor eEF3, ohne den die Pilze nicht überleben können. Zur Entfaltung seiner Aktivität bindet und spaltet eEF3 das energiereiche Molekül ATP. Die genaue Funktion des Faktors, seine Struktur und seine Wechselwirkung mit dem Ribosom waren jedoch bislang ein Rätsel. Einem Wissenschaftlerteam ist es jetzt gelungen, die molekulare Struktur dieses Faktors aufzuklären. Mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie konnten die Forscher zeigen, in welcher Weise eEF3 an das aktive Ribosom gebunden wird. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das an das Ribosom gebundene eEF3 die chemische Energie, die bei der Spaltung des ATP entsteht, dazu nutzt, um den sogenannten L1-Arm des Ribosoms nach außen zu drücken. Dies ermöglicht die Freisetzung der bereits verbrauchten tRNAs, über welche die Aminosäuren an das Ribosom herantransportiert werden. Im nächsten Schritt kann das Ribosom mit einer neuen Aminoacyl-tRNA beladen werden - eine weitere Runde der Proteinsynthese beginnt. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse sind von großer Bedeutung für für das Verständnis der Unterschiede der Proteinsynthese von Pilzen und anderen Organismen und eröffnen den Weg für die Entwicklung einer neuen Klasse von Wirkstoffen und Medikamenten gegen Pilze (Fungizide).

Originalveröffentlichung: C.B.F. Andersen, T. Becker, M. Blau, M. Anand, M. Halic,B. Balar, T. Mielke, T. Boesen, J. Skov Pedersen, C. M. T. Spahn, T. Goss Kinzy, G. R. Andersen, R. Beckmann; "Structure of eEF3 and the mechanism of tRNA release from the E-site."; Nature 2006.

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