Therapieerfolge nach Herzinfarkt mit patienteneigenen Stammzellen

06.02.2003
Rostock (dpa) - Rostocker Herzmediziner haben erste Erfolge bei Therapien mit patienteneigenen Stammzellen erzielt und weiten ihre Forschung nun aus. Die Zellen für die Behandlung hatten die Ärzte aus dem Knochenmark der Herzinfarkt-Patienten gewonnen und ihnen direkt in die vom Infarkt geschädigte Region des Herzens gespritzt. Erste Ergebnisse des im Juli 2001 gestarteten Versuches zeigten, dass fünf von sechs Patienten eine höhere Pumpleistung des Herzens und eine bessere Durchblutung im betroffenen Bereich bekamen. Jetzt soll die Therapie in einer zweiten Phase auf mehr Patienten erweitert werden. «In Rostock haben wir weltweit erstmals die Stammzellen direkt ins Herz gespritzt», sagte Steinhoff, Direktor der Universitätsklinik für Herzchirurgie. Eine Forschergruppe in Hongkong habe dies inzwischen auch erfolgreich getestet, allerdings mit einer abgewandelten Methode. Heute arbeiteten hunderte von Teams in vielen Ländern an solchen Projekten. Stammzellen aus dem Knochenmark dienen eigentlich der Blutbildung. «Seit einigen Jahren vermutet man, dass diese Zellen auch über die Blutbahn durch den Körper wandern und an geschädigten Partien 'Reparaturen' vornehmen können», erläuterte Steinhoff. «Diese Theorie wurde bereits im Tierversuch bestätigt.» Eine gute Regenerationsfähigkeit haben dabei etwa Haut, Leber und Darm, diese Organe bilden auch eigene Stammzellen. Anders verhält es sich unter anderem bei Herz, Gehirn und Niere: Diese Körperteile sind nur schlecht in der Lage, zerstörtes Gewebe zu erneuern. Daher entwickelten Forscher weltweit unterschiedliche Methoden, die Heilung dieser schwer regenerierbaren Organe zu stimulieren. In den USA und in Frankreich setzte man Muskelzellen aus dem Bewegungsapparat in Kulturen an und spritzte sie ins Herz, dadurch wurden aber in manchen Fällen Herzrhythmusstörungen verursacht. «In Düsseldorf und Frankfurt/Main wurden Stammzellen in die Blutgefäße gespritzt, die das Herz versorgen. Das brachte vielversprechende Ergebnisse», beschreibt Steinhoff die Arbeit seiner Kollegen. Eine weltweit hohe Anerkennung konnten jedoch die Rostocker Mediziner verbuchen. Auch wenn vor Beginn des erweiterten Versuchs noch Fragen offen sind: «Nach der ersten Phase können wir noch nicht genau sagen, was zur Besserung der Patienten geführt hat, ob die Stammzellen sich zu Herzmuskelzellen entwickelt haben oder die Regeneration auf eine andere Weise beeinflusst haben», räumt Steinhoff ein. Auch möglich sei ein kombinierter Effekt aus Stammzellentherapie und herkömmlicher Behandlung, einer Bypassoperation. Endgültige Klarheit soll die zweite Phase der Tests ergeben, die noch in diesem Frühjahr beginnen soll. Zumindest im Tierversuch habe sich allerdings bereits gezeigt, dass tatsächlich eine «Verwandlung» der Stammzellen stattfindet. Sollte sich das beim Menschen bestätigen, hat Steinhoff schon eine Vision für zukünftige Anwendungen: «Man könnte etwa Patienten mit einem Herzklappenfehler eine Klappe aus einem biologisch abbaubaren Polymermaterial einsetzen. An diese würden sich dann Stammzellen anlagern und die Funktion der Herzklappenzellen annehmen. Mit der Zeit wird das künstliche Material abgebaut und übrig bleibt eine voll funktionsfähige, aus eigenen Zellen nachgewachsene Klappe.»

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