Frischer Atem für die neue Lunge

23.01.2003
Nürnberg (ots) - Ein Graduierten-Stipendium der Nürnberger Novartis-Stiftung geht an Thorsten Wittwer von der Universität Jena. Der Herzchirurg hat innovative Verfahren entwickelt, um den Mangel an Spenderlungen für Transplantationen zu entschärfen. Wenn eine Lunge für eine Transplantation entnommen wird, "dann tickt die Uhr", sagt Thorsten Wittwer von der Universität Jena. Das Problem: Trotz allen Fortschritts in der modernen Medizin lässt sich eine Spenderlunge höchstens sechs bis acht Stunden lang ohne Funktionsverluste lagern. Zeit ist Qualität: Je länger die Lunge ausserhalb eines Körpers bleibt, desto höher ist das Risikoeines späteren Organversagens nach der Transplantation. Wittwer hat mit neuen experimentellen Ansätzen dazu beigetragen, dass man Spenderlungen zukünftig deutlich besser und wahrscheinlich auch länger konservieren kann."Unsere Verfahren", sagt der Herzchirurg "sind für den klinischen Alltag praktikabel und sollen nun in die Praxis der Organentnahme einziehen." Für seine Arbeiten bekommt der 34jährige jetzt ein Graduierten-Stipendium der Nürnberger Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung. Mit seinen Innovationen will der Mediziner auch eines der größten Probleme der modernen Chirurgie bekämpfen: den Mangel an geeigneten Spenderorganen. Das gilt auch für die Lungentransplantation. Derzeit stehen 350 schwerkranke Patienten in Deutschland auf der Warteliste - doch nur etwa 150 jährlich bekommen ein Spenderorgan. In der Jenaer Klinik für Herz-, Thorax und Gefäßchirurgie wurden unter Leitung von Direktor Thorsten Wahlers im vergangenen Jahr 15 Atemorgane transplantiert - damit gehört sie zu den fünf größten Lungentransplantationszentren in der Bundesrepublik. Eine Verpflanzung ist dann unvermeidbar, wenn Krankheiten wie etwa Asthma oder Mukoviszidose die eigene Lunge des Patienten weitgehend zerstört haben und dadurch die Sauerstoffversorgung des Körpers gefährden. "Könnten wir die Lungen aus weiter entfernten Kliniken länger und besser funktionsfähig halten", erklärt Oberarzt Wittwer, "dann vergrößerte sich theoretisch auch die Zahl der geeigneten Lungen. Konkretes Beispiel: Erhält die Jenaer Klinik das Angebot einer Spenderlunge für einen bestimmten Empfänger etwa aus dem Südwesten Deutschlands, muss das Organ so rasch wie möglich in den Patienten verpflanzt werden. Oft ist das ein Wettkampf gegen die Zeit, den die Mediziner zuweilen verlieren - die Lunge verfällt im Sinne des Wortes, weil sie nicht durchblutet wird. In diesem Wissen verzichten die Mediziner oft genug auf das eigentlich passende, aber unerreichbare Organ. Um das Dilemma anzugehen, hat Wittwer erstens die Qualität von neuen Konservierungslösungen optimiert. Zweitens verbesserte der Forscher die Funktionsqualität der Lungen, indem er die Konservierungslösung anders als üblich zuführen ließ - nicht wie bisher "vorwärts" über die Arterien in die Lunge, sondern "rückwärts" über die vom Organ abgehenden Venen. Drittens hat er Spenderlungen vor der Organentnahme mit bestimmten "vernebelten Medikamenten" behandelt. Das sind Substanzen, die als Aerosol in die Lunge gesprüht werden. Ergebnis: Das Organ wird besser durchblutet und belüftet. Durch die drei Verfahren, das zeigten verschiedene Studien, "funktionierten die transplantierten Spenderlungen deutlich besser." Der Wissenschaftler präsentierte seine Ergebnisse jüngst bei der Jahrestagung der renommierten "American Association for Thoracic Surgery" in Washington einem internationalen Publikum. Ein Erfolg auch für die noch junge Abteilung am Universitätsklinikum Jena und, so Wittwer, "die hohe Qualität der medizinischen Forschung in den neuen Bundesländern."

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