Methode zum zielgerichteten Genomdatenvergleich von Mensch und Tier erhält Forschungspreis

Hamburger Forschungspreis geht an das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren am BfR

13.12.2016 - Deutschland

BfR-Wissenschaftler haben für ihre Forschung zur Reduzierung von Tierversuchen den Hamburger Forschungspreis zur Förderung der Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden erhalten. Die ausgezeichnete Methode basiert auf einer standardisierten, systematischen Datenanalyse von umfangreichen Genomdaten von Tiermodellen wie Maus oder Ratte und den klinischen Daten von Patienten mit bestimmten Erkrankungen. Die Methode erleichtert es Forschern, zukünftig zielgerichtet das optimale Tier- oder Alternativmodell auszuwählen, das am besten die menschliche Situation abbildet. „Damit wird die Suche nach geeigneten Tiermodellen einfacher und unnötige Tierversuche können zukünftig vermieden werden, bei denen sich im Nachhinein herausstellt, dass sie für die Fragestellung nicht geeignet sind", sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. Der Forschungspreis wurde zum erstem Mal von den Hamburger Behörden für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung mit einem Förderpreis in Höhe von 20.000 € ausgeschrieben. Der Preis wird für Arbeiten vergeben, die einen Beitrag leisten, Tierversuche zu ersetzen oder zu minimieren.

jarleeknes, pixabay.com, CC0

Am Deutschen Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) am BfR wurden Genomdaten unter Verwendung der ‘Gene Set Enrichment Analysis (GSEA)‘-Methode untersucht. Ziel war es, standardisierte Ansätze für eine systematische Datenanalyse von umfangreichen Genomdaten zu entwickeln, um Fehlinterpretationen bei der Wahl von Tierversuchsmodellen zu vermeiden. Das Verfahren basiert auf dem Vergleich aller vorliegenden systembiologischen Omics-Daten von der nachzubildenden Erkrankung mit dem Tier- oder Alternativmodell. Der Terminus ’Omics’ beschreibt Methoden zur Analyse komplexer biologischer Proben auf der Ebene des gesamten Genoms, von Transkripten, Proteinen oder Metaboliten. Als Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anwendung der GSEA-Methode müssen zur passenden Fragestellung Omics-Daten vorliegen, sowohl von den in Betracht kommenden Versuchstiermodellen als auch von den nachzubildenden Erkrankungen beim Menschen. Dies ist bereits für eine Vielzahl von Tier- und Alternativmodellen sowie von humanen Erkrankungen der Fall, beispielsweise für Inflammationserkrankungen, Herzkreislauferkrankungen, Krebserkrankungen, Atemwegserkrankungen, Stoffwechselerkrankungen und neurologische Erkrankungen.

Das vorgestellte Verfahren kann in der Grundlagenforschung sowie in der translationalen und angewandten Forschung eingesetzt werden. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 870.358 Versuchstiere für die Grundlagenforschung und 331.580 Versuchstiere für die translationale und angewandte Forschung verwendet. Diese Bereiche machen mit insgesamt 59% den größten Teil der Tierversuche aus. Ein Großteil davon entfällt auf Mäuse, Ratten und zunehmend auch auf Fische. Grundsätzlich kann die vorgestellte Methode zur Auswahl des geeigneten Versuchstiermodells bzw. zum Ausschluss nicht geeigneter Versuchstiermodelle bei jeglichen Tierversuchen in diesen Bereichen genutzt werden. Analog zu den Versuchstierzahlen liegen derzeit die meisten Omics-Daten für Maus und Ratte vor. So sind beispielsweise allein in der öffentlichen NCBI/GEO-Datenbank (National Center for Biotechnology Information / Gene Expression Omnibus) derzeit Daten zu ca. 340.000 Maus-Proben und 75.000 Ratte-Proben gelistet. Aufgrund der vermehrten Verwendung von Omics-Methoden kann davon ausgegangen werden, dass stetig weitere systembiologische Daten veröffentlicht werden.

Die BfR-Methode lässt sich nicht nur für die Beurteilung von Versuchstiermodellen verwenden, sondern kann auch zur Beurteilung von zellbasierten Alternativmethoden herangezogen werden. Durch einen systembiologischen Abgleich der klinischen Daten mit Omics-Daten aus beispielsweise neuartigen 3D-Zellkulturen, dynamischen Zellkultursystemen oder rekonstruierten Gewebekulturen wird die Charakterisierung und Verifizierung von zellbasierten Alternativmethoden ermöglicht.

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