Arzneimittelversandhandel ohne drastische Einschnitte nicht sinnvoll

Cap Gemini Ernst & Young legt vergleichende Studie USA/Deutschland vor

04.10.2002

Das amerikanische Beispiel für den Arzneimittelversandhandel ist aufgrund unterschiedlicher Gesundheitssysteme nicht auf den deutschen Markt übertragbar. Unter den dortigen gesetzlichen Regelungen konnte sich der Versandhandel von Arzneimitteln in den letzen 40 Jahren mit Hilfe massiver Kampagnen der Krankenkassen, starker Eingriffe in das ärztliche Verordnungsverhalten und deutlicher finanzieller Anreize für die Patienten auf einen Marktanteil von derzeit rund 12 Prozent steigern. Allerdings besteht auch in den USA erhebliche Unsicherheit hinsichtlich Qualität und Sicherheit der versandten Medikamente. Übertragen auf das momentane deutsche Gesundheitssystem würde der Arzneimittelversandhandel auf einen Marktanteil von lediglich ein bis zwei Prozent kommen – zu gering um das Gesundheitssystem zu sanieren. In den Niederlanden kommt die häufig als Beispiel angeführte Internet- Apotheke Doc Morris auf einen Marktanteil von 0,03 Prozent und in der Schweiz konnten drei Versandapotheken nur drei Prozent Marktanteil auf sich vereinigen. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young im Auftrag des Verbandes des Pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V. Anhand der Versandhandelspraxis in den USA, der Schweiz sowie den Niederlanden wurde die Übertragbarkeit der Modelle auf Deutschland geprüft.

Wirtschaftlicher Arzneimittelversand nur durch Sortimenteinschränkung

„Ohne tiefgreifende Einschnitte in die bestehenden Strukturen des Gesundheitssystems lässt sich in Deutschland ein Arzneimittelversandhandel mit signifikantem Einsparungspotenzial nicht aufbauen“, stellt Dr. Rolf Badenhoop, Leiter des Life Sciences Bereichs bei Cap Gemini Ernst & Young fest. In der Empfehlung, die der Runde Tisch unter Beteiligung aller betroffenen Parteien am 22. April 2002 ausgesprochen hat, wurde die Freigabe des Versandhandels an bestimmte Bedingungen geknüpft. So unter anderem an die Gewährleistung von Beratung, Arzneimittelsicherheit sowie an ein Vollsortiment. Gerade in letzterem liegt nach der Untersuchung der Hauptunterschied zu den USA. Die dort erzielten Einsparungen sind in erster Linie auf die Institution und die Vorgehensweise des Pharmacy Benefit Managers zurückzuführen. Dieser organisiert die Arzneimittelversorgung der Patienten im Auftrag der Krankenkassen sowohl nach medizinischen als auch wirtschaftlichen Kriterien. In diesem Versandhandelsmodell lassen sich dabei durch die konsequente Nutzung von Medikamentenlisten, maschineller Konfektionierung, mengenabhängigen Rabatten sowie der radikalen Beschränkung auf 20 bis 25 Medikamente Kostenvorteile durchsetzen. Nachteil sind die erheblichen Einschränkungen in der Wahlmöglichkeit, die Arzt und Patient hinnehmen müssen. „Die Einschränkungen die das amerikanische Versandsystem erst möglich machen werden in Deutschland nicht erlaubt sein. Damit dürfte sich ein wirtschaftlicher Betrieb eines Arzneimittelversandhandels nicht realisieren lassen“, folgert Rolf Badenhoop aus dem Vergleich der beiden Systeme.

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