Neuer Ansatz für Alzheimer-Therapie - DZNE und LMU-Forscher identifizieren wichtiges Zielmolekül

03.08.2010 - Deutschland

Das Protein ADAM10 kann die Bildung des für die Alzheimer-Erkrankung typischen Beta-Amyloids verhindern. Das zeigen Forscher des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München. ADAM10 ist eine Art molekulare Schere und schneidet das Protein, aus dem das Beta-Amyloid entsteht, so dass das Beta-Amyloid gar nicht erst gebildet werden kann. Das macht ADAM10 zu einem wichtigen Zielmolekül für die Alzheimer Therapie.

Im Gehirn von an Alzheimer Erkrankten kommen große Ablagerungen des Stoffes Beta-Amyloid in sogenannten Plaques vor. Die Vorstufen der Plaques stehen in Verdacht, für das Absterben von Nervenzellen und damit für die Gedächtnisstörungen der Alzheimer-Erkrankung verantwortlich zu sein. Das Hauptziel vieler Alzheimer-Therapien besteht daher darin, die Bildung von Beta-Amyloid zu verhindern. Dabei macht man sich zunutze, dass das Beta-Amyloid selbst aus dem sogenannten Amyloid-Vorläuferprotein (APP) ausgeschnitten wird. Verschiedene molekulare Scheren setzen an dem Vorläuferprotein an und schneiden unterschiedlich große Stücke heraus. Die Blockade dieser Scheren führt dazu, dass das Beta-Amyloid nicht mehr gebildet wird.

Den Forschern des DZNE und der LMU ist es jetzt gelungen, eine molekulare Schere, eine sogenannte Alpha-Sekretase, zu finden, die das Amyloid-Vorläuferprotein (APP) ohne die Bildung von Beta-Amyloid spaltet. Bisher kamen dafür drei verschiedene Scheren in Frage. Die Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass alleine ADAM10 für die spezifische Spaltung verantwortlich ist. Dazu haben Dr. Stefan Lichtenthaler und seine Mitarbeiter hochspezifische Antikörper entwickelt, die verschiedene Spaltprodukte des Vorläuferproteins in Hirnzellen von Mäusen und in menschlicher Zellkultur erkennen können. Mithilfe einer speziellen Technik, der RNA-Interferenz, blockierten die Forscher jeweils eines der drei Gene, welche für die drei in Frage kommenden ADAM-Scheren kodieren. Die Analyse der Spaltprodukte ergab, dass nur das ADAM10-Gen die Bildung der Beta-Amyloide verhindern kann. Die Ergebnisse konnten mithilfe einer zweiten Technik, der Massenspektrometrie bestätigt werden.

„Mit ADAM10 haben wir ein Zielmolekül identifiziert, das zentral an den molekularen Prozessen der Alzheimer-Krankheit beteiligt ist. Wir wissen, dass ADAM10 bei Alzheimer-Patienten weniger aktiv ist“, so Lichtenthaler. Ist ADAM10 wenig aktiv, so wird das Vorläuferprotein vermehrt so geschnitten, dass die Beta-Amyloide gebildet werden.

„Es könnte sein, dass eine schwache Aktivität von ADAM10 die Anfälligkeit für eine Alzheimer Demenz erhöht. Wenn das so ist, könnte eine Stimulierung von ADAM10 ein wichtiger Mechanismus für eine Therapie sein. Unsere Antikörper eröffnen aber auch neue Möglichkeiten für die Diagnose und Prävention der Erkrankung“, sagt Lichtenthaler. So könnten Antikörper als Marker dienen, um eine schwache ADAM10-Aktivität und damit ein mögliches erhöhtes Alzheimer-Risiko in der Rückenmarksflüssigkeit zu messen. Erste Versuchsreihen dazu sind bereits angelaufen.

Originalveröffentlichung: Peer-Hendrik Kuhn et al.; "ADAM10 is the Physiologically Relevant, Constitutive Alpha-Secretase of the Amyloid Precursor Protein in Primary Neurons"; EMBO Journal, published online, 30th July 2010

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