Blockade bei HIV-Infektionen entschlüsselt

11.03.2008

Wissenschaftler des Heinrich-Pette-Instituts (HPI) in Hamburg entdeckten eine Blockade in ruhenden Blutzellen, die eine Vermehrung des AIDS-Erregers HIV-1 unterbindet. Der zentrale Schalter dieser Blockade ist ein zelluläres Protein, der Glucocorticoidrezeptor (GR). Klaus Wiegers, Wolfgang Bohn und Kollegen des HPI veröffentlichten ihre Ergebnisse nun in Virology.

Bisher liegen kaum Erkenntnisse darüber vor, warum ruhende und nicht ausgereifte Vorläufer-Blutzellen weniger empfänglich für HIV sind als aktivierte und ausgereifte Blutzellen. Beide Zelltypen nehmen das Virus über den HIV-Rezeptor in die Zelle auf. In beiden Zelltypen wird das Erbgut des Virus in einem ersten Schritt so übersetzt, dass es als DNA-Struktur, HI-Provirus genannt, in das Erbgut der Zelle integriert werden könnte. Danach aber laufen in beiden Zelltypen unterschiedliche Programme ab.

In aktivierten Blutzellen wird das HI-Provirus in den Zellkern transportiert und dort in das Zellgenom eingebaut: eine Zeitbombe beginnt zu ticken, denn dieses eingebaute virale Erbgut kann jederzeit zur Bildung von neuen HI-Viren abgerufen werden.

In ruhenden Blutzellen beobachten die HPI-Wissenschaftler jedoch eine Blockade. Die HI-Proviren bleiben in einem Komplex im Zytoplasma der Zelle, sie wandern nicht in den Zellkern und werden im Gegenteil sogar innerhalb der nächsten Stunden abgebaut. Die Zelle ist also geschützt, sie kann keine neuen HI-Viren produzieren.

Klaus Wiegers: "Wir konnten diese frühe Blockade überwinden, indem wir den Glucocorticoidrezeptor (GR) mit dem künstlichen Steroid Dexamethason aktivierten. Das funktionierte sowohl in ruhenden nicht ausgereiften Blutzellen als auch in Zelllinien, die wir getestet haben." Der Schalter wird quasi umgelegt. Die Folge: Das HI-Provirus gelangt nun mit dem aktivierten Rezeptor in den Zellkern und das virale Erbgut wird in das Genom der infizierten Blutzelle integriert. So ist eine Vermehrung von HIV-1 ist auch in ruhenden Blutzellen möglich. Die HPI-Forscher erkannten, dass hierfür außer dem Glucocorticoidrezeptor auch das virale Protein VPR notwendig ist.

Wolfgang Bohn: "Wir haben hier also erstmals gezeigt, dass Steroide, und das gilt eben auch für Kortison, diese Blockade in ruhenden Blutzellen aufheben können. Das heißt, unter Stress und unter einer Therapie mit Steroiden kann sich die Anzahl der Blutzellen erhöhen, die für eine produktive HIV-Infektion empfänglich sind."

Originalveröffentlichung: Klaus Wiegers et. al.; "Activation of the glucocorticoid receptor releases unstimulated PBMCs from an early block in HIV-1 replication"; Virology.

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