Transgene Gerste in Deutschland erstmals im Freilandversuch

30.05.2006

(dpa) Das 9,6 Quadratmeter kleine mit nur 5000 gentechnisch veränderten Pflanzen Versuchsfeld des Instituts für Phytopathologie und Angewandte Zoologie der Gießener Universität zieht seit der Aussaat Proteste von Gentechnik-Gegnern an. Zu Pfingsten sind Demonstrationen, eine Mahnwache und die Zerstörung des Feldes angekündigt. Gegner werfen Institutsleiter Karl-Heinz Kogel vor, mit seiner Forschung zur Legitimation von Gentechnik in Deutschland beizutragen. Dafür hat Kogel kein Verständnis: Der Versuch sei Teil der Biosicherheitsforschung. «Das zu zerstören ist widersinnig.» Kogel fürchtet, das der vom Bundesforschungsministerium finanzierte Versuch schon vor der ersten Bodenanalyse zu Ende sein könnte: «Wenn das Feld zerstört wird, ist alles verloren.»

Ende April waren zwei Varianten transgener Gerste ausgesät worden: Ein Teil der Pflanzen hat ein fremdes Gen, das sie unempfindlich gegen schädliche Pilze machen soll. Dieses Gen, das selbst aus einem Pilz stammt, lässt die Pflanzen Endochitinase herstellen, ein Enzym, das gegen Pilzbefall wirkt. Der andere Teil der Pflanzen hat ein zusätzliches Gen eines Bakteriums, das die Qualität der Gerste als Hühnerfutter und bei der Bierherstellung verbessern soll. Konventionelle Gerste können Hühner nicht gut verdauen. Die transgene Gerste soll dieses Problem beheben und könnte Mais als Hühnerfutter ersetzen.

Kogel will mit dem auf drei Jahre angelegten Versuch herausfinden, ob die gentechnisch veränderten Pflanzen schädliche Auswirkungen auf das Bodenleben haben. Vor allem interessiert die Forscher, ob nützliche Bodenpilze wie die praktisch überall vorkommenden Mykorrhiza verändert oder zerstört werden. Mykorrhiza seien von höchster ökologischer Bedeutung, 80 Prozent aller Pflanzen auf der Erde lebten in Lebensgemeinschaft mit ihnen, sagt Kogel.

Auf die Proteste, die das Projekt von Anfang an begleitet haben, reagiert Kogel mit Information. Das Versuchsfeld ist gekennzeichnet, Besucher werden bereitwillig hingeführt. «Ich bin ja eigentlich kein starker Befürworter der Gentechnik», sagt Kogel. Aber Gentechnik sei weltweit auf dem Vormarsch. In den USA bauten Millionen von Bauern transgene Pflanzen an - ohne Sicherheitsforschung. Da sei Deutschland vorbildlich.

Dass sich die transgene Gerste über das Versuchsfeld hinaus verbreitet, halten die Wissenschaftler für ausgeschlossen. Gerste sei ein «Selbstbestäuber», das heißt, eine Pflanze werde nur von ihrem eigenen Pollen befruchtet. Dennoch sei vorsorglich ein Streifen konventioneller Gerste als «Pollenfänger» um die Versuchsparzellen gesät worden.

Bis Mitte August müssen die Gießener Pflanzen durchhalten, dann werden sie aus der Erde genommen, um die Wurzeln zu untersuchen. Der Rest der Pflanzen wird vernichtet. Mit ersten Ergebnissen sei im Herbst zu rechnen, sagt Kogel.

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