Systembiologie: Neue Datenbank für Bindungsstellen der Regulationsproteine

17.05.2011 - Schweiz

In den letzten Jahren stieg die Menge der Daten in der Systembiologie enorm an. Damit kam der Anspruch auf, diese Datenmengen in speziellen Datenbanken zu erfassen und die komplexen Wechselwirkungen zwischen zellulären Komponenten und biologischen Funktionen zu entschlüsseln. Die Forschungsgruppe von Mihaela Zavolan vom Biozentrum der Universität Basel hat nun zwei wichtige Regulationsproteine untersucht und ihre Bindungsstellen identifiziert. Dabei konnte sie systematische Ungenauigkeiten bei der derzeit verwendeten Technik feststellen. Ihre Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift «Nature Methods» veröffentlicht und in einer neuen Datenbank erfasst.

Proteine sind Grundbausteine aller Organismen. Abgesehen von ihrer strukturellen Funktion sind sie für die Durchführung aller Lebensvorgänge verantwortlich, von Zellwachstum, Teilung und Differenzierung bis hin zum programmierten Zelltod. Zur Herstellung von Proteinen wird die genetische Information einer Zelle zunächst auf Boten-RNAs (mRNAs) kopiert. Die ribosomale Maschinerie der Zelle liest diese Information ab, um entsprechende Proteine herzustellen. Regulationsproteine (RBP), die sich an Boten-RNAs (mRNAs) binden, erhöhen oder verringern die Stabilität der RNA und haben damit Einfluss auf die Menge der Proteinproduktion. Der Verlust einer solchen regulatorischen Interaktion führt zu einer Vielzahl von Krankheiten, einschließlich Krebs.

Die CLIP-Methode

Jede Zelle enthält Tausende von verschiedenen mRNAs und Hunderte von RBPs. Eine einzelne mRNA ist in der Regel durch mehrere RNA-bindende Proteine (RBPs) gebunden. Ein RBP wiederum ist häufig Ziel von vielen verschiedenen mRNAs. Daher ist es äusserst schwierig, genau herauszufinden, welche Wechselwirkungen für einen biologischen Prozess von Bedeutung sind. CLIP (Crosslinking and Immunoprecipitation) ist eine Methode um RNAs zu katalogisieren, die mit einem Protein eines bestimmten Zelltyps interagieren. Die CLIP-Methode ermöglicht dabei, die Interaktionsstandorte in hoher Auflösung zu lokalisieren. Die Anwendung dieser Technik auf verschiedene Proteine und Zelltypen ermöglicht den Aufbau einer Datenbank für diese Bindungsstellen. Eine Vielzahl von Wissenschaftlern nutzt diese Datenbanken zur Entschlüsselung von Regulationsverläufen.

Nützliche Fehler helfen Bindungsstellen zu identifizieren

Prof. Mihaela Zavolans Forschungsgruppe am Biozentrum der Universität Basel hat verschiedene, derzeit verwendete CLIP-Methoden analysiert. Beim Vergleich von in vitro-Messungen mit in vivo gewonnenen CLIP-Daten konnten sie zeigen, dass die bei CLIP-Experimenten durchgeführte RNA-Fragmentierung zu Ungenauigkeiten in der Anzahl der identifizierten Bindungsstellen führen kann. Grund dafür ist, dass einige Bindungsstellen im Verlauf der Versuche leichter verloren gehen als andere. Bei eingeschränkter RNA-Fragmentierung in Kombination mit entsprechender rechnerischer Analyse wird diese Fehlerquelle minimiert.

Darüber hinaus entdeckte die Forschungsgruppe, dass es bei der Experimentdurchführung aller getesteten CLIP-Verfahren zu Mutationen in den Bindungsstellen kommt. Diese «Fehler» können jedoch verwendet werden, um die RNA-RBP-Bindungsstellen sehr genau zu lokalisieren. Zeigen konnte die Zavolan-Gruppe ihre Ergebnisse anhand zweier RBPs, die eine zentrale Rolle bei der Regulation der mRNA-Stabilität spielen: HuR, das in der Regel die Stabilität der Ziel-mRNAs erhöht, sowie Argonaut 2 (Ago2), das im Allgemeinen den mRNA-Abbau fördert.

Kenntnisse über das komplizierte Geflecht der Protein-RNA-Wechselwirkungen lässt Forscher die Steuerungsmechanismen biologischer Prozesse besser verstehen. Zudem liefern die Erkenntnisse Erklärungsansätze dafür, wie kleinste Unterschiede der genetischen Codes einzelner Individuen zu Unterschieden in der Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten innerhalb einer gesamten Population führen können. Um weitere Untersuchungen in diesem Forschungsfeld zu unterstützen, hat die Gruppe von Zavolan eine Datenbank entwickelt, die unterwww.clipz.unibas.chzugänglich ist und Forschenden ermöglicht, die von ihnen untersuchten Bindungsstellen zu lokalisieren.

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