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Schilddrüse



Die Schilddrüse (lat. Glandula thyr(e)oidea) ist eine wichtige Hormondrüse bei den Wirbeltieren und gehört zu den endokrinen Drüsen. Sie befindet sich bei Säugetieren am Hals unterhalb des Kehlkopfes vor der Luftröhre. Beim Menschen hat sie die Form eines Schmetterlings und liegt schildartig unterhalb des Schildknorpels vor der Luftröhre, was Anlass für ihre Benennung war. Zu den Aufgaben der Schilddrüse zählt die Regulierung des Stoffwechsels und des Wachstums.

 

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Embryonal entsteht die Schilddrüse aus einer Aussprossung der Anlage des Verdauungsapparats („Kopfdarm“) im Bereich der Kiemenbogen. Dieser Ductus thyreoglossus („Schilddrüsen-Zungen-Gang“) verschließt sich aber normalerweise, so dass die definitive Schilddrüse keine Verbindung mehr zum Kopfdarm hat. Gelegentlich kann ein Teil des Ganges bestehen bleiben und Ausgangspunkt für die Entstehung einer Zyste sein (Bochdalek-Zyste).

In die Schilddrüsenanlage wandern zudem bei den Säugetieren noch Zellen aus der fünften Schlundtasche ein, aus denen sich die C-Zellen (siehe unten) entwickeln. Diese bilden bei den übrigen Wirbeltierklassen noch ein eigenes Organ, den ultimobranchialen Körper. Bei vielen Säugetierarten ist auch das innere Epithelkörperchen (Glandula parathyroidea interna, eine der sogenannten Nebenschilddrüsen) in die Schilddrüse eingeschlossen, beim Menschen liegt es als Glandula parathyroidea inferior am unteren Pol der Schilddrüse.

Bei den Manteltieren (Tunicata) und den Schädellosen (Acrania) wird das Endostyl als Homologon zur Schilddrüse der Chordatiere angesehen. Das Endostyl ist eine im Kiemendarm liegende, drüsenreiche Struktur, die einen iodhaltigen Schleim absondert.

Anatomie

 

Säugetiere

Die Schildform ist nur für den Menschen, Affen und Schweine typisch. Bei den meisten Säugetieren besteht die Schilddrüse aus zwei Lappen (Lobus dexter und sinister) seitlich und oberhalb der Luftröhre (Trachea), die zumeist durch einen schmalen Streifen (Isthmus) verbunden sind. Dieser Isthmus kann aus Drüsengewebe (Isthmus glandularis, z. B. bei Fleischfressern) oder nur aus Bindegewebe (Isthmus fibrosus, z. B. bei Pferden, Schafen und Ziegen) bestehen, bei einigen Arten auch ganz fehlen. Die Größe eines Schilddrüsenlappens entspricht beim Menschen in etwa der des Daumenendgliedes, als Normalwert gilt bei Frauen ein Gesamtvolumen der Schilddrüse von bis zu 18 ml, bei Männern von bis zu 25 ml. Ein Rest des Ductus thyroglossus tritt beim Menschen gelegentlich in Form eines Lobus pyramidalis auf.

Die Blutversorgung erfolgt durch die Arteria thyroidea superior aus der Arteria carotis externa und durch die Arteria thyroidea inferior aus dem Truncus thyrocervicalis der Arteria subclavia (bei Tieren als Arteria thyroidea cranialis und caudalis bezeichnet).

Die Innervation erfolgt durch Nervenfasern des vegetativen Nervensystems. Deren sympathische Fasern ziehen vom Ganglion cervicale superius (Ganglion cervicale craniale), die parasympathischen kommen aus den Nervi laryngei des Nervus vagus.

Andere Wirbeltiere

Bei Fischen liegt das Schilddrüsengewebe im Bereich der Kiemen, bei Amphibien liegen die beiden Schilddrüsen seitlich am Kehlkopf. Bei Reptilien ist die Schilddrüse unpaar und liegt an der Aufspaltung der großen Halsgefäße. Bei Vögeln liegen beide Schilddrüsen als kleine Knötchen an der Luftröhre vor dem Brusteingang, etwa in Höhe des Schlüsselbeins und damit viel weiter hinten (kaudal) als bei den anderen Wirbeltieren.

Histologie

  Histologisch ist die Schilddrüse von einer Bindegewebskapsel (Capsula fibrosa) umgeben, von denen Septen ausgehen und das Organ in einzelne Läppchen unterteilen. Das eigentliche Drüsengewebe besteht aus mikroskopisch kleinen Bläschen (Follikeln), in deren Inneren die Hormone in inaktiver Form als Kolloid gespeichert werden. Diese Follikel werden von einem einschichtigen Epithel umgeben. Zwischen den Epithelzellen der Follikel und ihrer Basalmembran liegen bei Säugetieren die parafollikulären C-Zellen. Diese reichen nicht bis an das Lumen der Follikel. Um die Follikel sind retikuläre Fasern und ein dichtes Kapillarnetz (Blut- und Lymphkapillaren) ausgebildet.

Die Größe der Follikel ist im histologischen Präparat variabel und hängt vom Füllungszustand und von der Schnittebene durch den Follikel ab. Auch die Anfärbung des Kolloids ist stark von dessen Wassergehalt abhängig. Durch Schrumpfung im Zuge der histologischen Aufarbeitung erscheint das Kolloid den Follikel nicht vollständig auszufüllen, dies ist aber ein Artefakt. Die C-Zellen sind nur immunhistochemisch exakt auszumachen.

Hormone

Die von der Schilddrüse gebildeten Hormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) sind iodhaltig. Sie werden von den Follikelepithelzellen gebildet, welche dabei auf eine ausreichende Zufuhr von Iod über die Nahrung angewiesen sind. Die Follikelepithelzellen bilden zunächst Thyreoglobulin und geben es in die Follikelhöhle ab. Weiterhin schleusen sie Iod und ein Enzym in das Follikelinnere. Letzteres sorgt für die Iodierung der Tyrosinanteile des Thyroglobulins. Das so entstandene Thyroxin und Triiodthyronin sind die eigentlichen Schilddrüsenhormone.

Die Funktion der Schilddrüse wird durch das Hormon TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon) aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) im Rahmen des thyreotropen Regelkreises gesteuert. In Abhängigkeit vom TSH-Spiegel werden T3 und T4 vom Epithel aus den Follikeln durch Mikropinozytose aufgenommen und in das Blut abgegeben.

Diese lebenswichtigen Hormone wirken in fast allen Körperzellen und regen dort den Energiestoffwechsel an. Ihre allgemeine Wirkung besteht z. B. in einer Erhöhung des Pulses und Blutdrucks, einer Gefäßerweiterung und einem Anstieg der Körpertemperatur. Außerdem sind sie für Wachstum und Differenzierung notwendig.

Die parafollikulären C-Zellen bilden das Calcitonin. Es senkt den Calcium-Spiegel im Blut, und dient so als Antagonist des Parathormons (PTH) als Regler der extrazellulären Calciumkonzentration.

Außerhalb der Säugetiere erfüllen die Schilddrüsenhormone eine Reihe weiterer wichtiger Funktionen. So induzieren sie beispielsweise bei Fröschen die Metamorphose von der Kaulquappe zum Frosch, bei Vögeln die Mauser.

Iodmangel, Iodierung und Iodierungskontroverse

Durch eine angemessene Iodversorgung der Bevölkerung kann z. B. die Kropfbildung (Struma diffusa) vermieden werden. Die Iodierung von Lebensmitteln und Futtermitteln, wie sie in Deutschland, der Schweiz oder in Österreich seit mehr als zehn Jahren üblich ist, bringt nach Ansicht der Befürworter große Vorteile in der Prophylaxe gegen die Kropfbildung.[1]

Es ist nicht gesichert, dass die Iodierung bei Menschen, die nicht an einem Iodmangel leiden, ein Auslöser von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse wie der Hashimoto-Thyreoiditis ist. Einige Gegner der Iodierung führen dagegen an, dass jahrzehntelange Erfahrungen in den Ländern mit einer Trinkwasseriodierung (Schweiz, Schweden, USA) zeigen würden, dass diese Befürchtungen berechtigt seien. In diesen Ländern geschah die Iodierung aber nie über das Trinkwasser, sondern über das Speisesalz (z. B. in Schweden seit den 1940er Jahren als Pflichtiodierung), was aber die eigentliche Fragestellung, nämlich ob ein Kausalzusammenhang tatsächlich besteht, nicht beantwortet.

Untersuchungsmethoden der Schilddrüse

  Die Schilddrüse kann beim Menschen durch Abtasten (Palpation) des Halses untersucht werden. Bei Hunden gilt eine tastbare Schilddrüse bereits als vergrößert. Eine ausgeprägte Struma ist beim Menschen sichtbar.

In der bildgebenden Diagnostik werden hauptsächlich der Ultraschall und zur weiteren Abklärung bei Knoten und Funktionsstörungen die Szintigrafie eingesetzt, für spezielle Fragestellungen auch die Computertomografie und Kernspintomografie.

Eine Feinnadelpunktion der Schilddrüse dient zur Gewinnung von Proben für die Zytologie, eine Biopsie für Proben zur histologischen Untersuchung.

Im Labor können der freie T3- und T4-Spiegel sowie der TSH- und Thyreoglobulin-Spiegel bestimmt werden. Über ein nichtlineares Modell namens SPINA (Struktur Parameter Inferenz Ansatz) lassen sich die T4-Sekretionsleistung und die Summenaktivität des peripheren Enzyms 5'-Deiodinase berechnen. Auch eine Bestimmung von Schilddrüsenautoantikörpern (TRAK, Tg-AK, TPO-AK) kann vorgenommen werden.

Krankheiten der Schilddrüse

Schilddrüsenerkrankungen äußern sich als morphologische Veränderungen (Vergrößerung oder Knotenbildung), Funktionsstörungen (Über- oder Unterfunktion, Schilddrüsenautonomie), Entzündungen, bösartige Entartungen oder als Kombination der genannten Formen.

Als Struma wird eine Vergrößerung der Schilddrüse (Kropfbildung) bezeichnet. Sie kann als euthyreote Struma (mit normaler Hormonsekretion), hyperthyreote Struma (mit Überfunktion) oder hypothyreote Struma (mit Unterfunktion) unterteilt werden.

Überfunktionen der Schilddrüse werden als Hyperthyreose bezeichnet. Sie können z. B. durch ein Autonomes Adenom oder durch einen Morbus Basedow (autoimmune Überfunktion, Autoimmunthyreopathie Typ 3) verursacht sein. Eine Unterfunktion der Schilddrüse nennt man Hypothyreose. Sie kann bei fehlender (Aplasie) oder ungenügender Entwicklung (Hypoplasie) der Schilddrüse, Iodmangel, Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmune Schilddrüsenentzündung, Autoimmunthyreopathie Typ 1A und 2A) und Ord-Thyreoiditis (Atrophische Schilddrüsenentzündung, Autoimmunthyreopathie Typ 1B und 2B) auftreten. Eine Unterfunktion bei Schwangeren kann beim Kind Kretinismus verursachen.

Entzündungen der Schilddrüse werden als Thyreoiditis bezeichnet. Spezielle Formen sind die Riedel-Struma und die De Quervain Thyreoiditis.

Knotenbildungen in der Schilddrüse können als „Kalter Knoten“ (malignitätsverdächtig; Schilddrüsenkrebs) oder „Heißer Knoten“ (Autonomes Adenom) vorkommen. Der vom Drüsengewebe ausgehende Schilddrüsenkrebs kann in medulläres Schilddrüsenkarzinom, papilläres Schilddrüsenkarzinom, follikuläres Schilddrüsenkarzinom oder anaplastisches Schilddrüsenkarzinom unterteilt werden. Darüber hinaus kann selten auch eine Entartung vom Bindegewebe ausgehen (Sarkom).

Quelle

  1. Bundesamt für Risikobewertung: Nutzen und Risiken der Jodprophylaxe in Deutschland (PDF)

Literatur

  • R. Hörmann: Schilddrüsenkrankheiten Leitfaden für Klinik und Praxis. Abw Wissenschaftsverlag, 4. Aufl., 2005. ISBN 3936072272
  • F.-V. Salomon, H. Geyer, U. Gille: Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart 2004. ISBN 3830410077
  • Th. H. Schiebler (Hrsg.): Anatomie. Springer-Verlag, 9. Aufl., 2005. ISBN 3540219668

Siehe auch

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