Neues vom Insulin-Signalweg: eine überraschende Rolle für Cytohesine

18.12.2006

Die lebenswichtige Funktion von Insulin im Zucker-Stoffwechsel des Körpers ist seit über 80 Jahren bekannt. Wie das Hormon seine Wirkung in den Zellen entfaltet, ist aber noch längst nicht vollständig geklärt. Mit Unterstützung der Serviceeinheit Monoklonale Antikörper des GSF - Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit konnten Bonner Wissenschaftler nun ein weiteres Element im Netzwerk des Insulin-Signalweges identifizieren: Die so genannten Cytohesine könnten vielleicht in Zukunft ein neuer Ansatzpunkt für die Behandlung von Diabetes werden.

Wenn man etwas isst und der Blutzuckerspiegel im Körper steigt, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Die Zucker-Moleküle werden daraufhin in der Leber und den Muskeln von den Zellen aufgenommen und können in Form langer Glykogen-Ketten gespeichert werden. Die ersten Schritte in diesem lebensnotwendigen Prozess bestehen darin, dass Insulin an den in der Zellmembran sitzenden Insulin-Rezeptor (IR) bindet und dieser verschiedene als Insulin-Rezeptor-Substrate (IRS) bezeichnete Proteine phosphoryliert. In der Folge wird dann über eine Kette mehrerer hintereinander geschalteter Enzyme unter anderem die Glykogensynthase aktiviert.

Eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Michael Famulok von der Universität Bonn hat nun herausgefunden, dass schon der Anfang der Signalübertragung komplizierter ist, als bislang gedacht: Weil nämlich zusätzlich noch Proteine aus der Klasse der Cytohesine beteiligt sind. Bekannt ist von den Cytohesinen vor allem, dass sie Zellen helfen, aneinander zu haften - daher auch ihr Name. Diese Fähigkeit brauchen zum Beispiel im Blut treibende Immunzellen, um sich an der Gefäßwand festzuhalten und dann ins umliegende, erkrankte Gewebe einzuwandern. Auf molekularer Ebene helfen Cytosine bestimmten biochemischen Schaltern (GTPasen), vom inaktiven in den aktiven Zustand zu wechseln.

Dass Cytohesine aber eben auch ins "insulin signalling" involviert sind, konnten Schmitz und seine Kollegen mit Hilfe spezifischer Antikörper nachweisen, die Dr. Elisabeth Kremmer von der GSF-Serviceeinheit für Monoklonale Antikörper hergestellt hat. Die Bonner Forscher nahmen dazu Leberzellen, gaben Insulin hinzu und analysierten anschließend die in den Zellen aktivierten Proteine. Mit einem bewährten, gegen den Insulin-Rezeptor gerichteten Antikörper fischten sie den IR und die an ihm dran hängenden Proteine heraus. Der positive Test mit dem neuen Anti-Cytohesin-3-Antikörper bewies dann: Nach Gabe von Insulin lagern sich IR, IRS und Cytohesine zu einem festen Komplex zusammen.

Die Wirkung der Cytohesine im lebenden Organismus bewiesen dann Versuche mit Mäusen. Ihnen wurde eine Substanz (SecinH3) ins Futter gemischt, die stark an Cytohesine bindet und deren Funktion blockiert. Die Untersuchung der Tiere ergab: Die durch Insulin ausgelösten Veränderungen der Expression von Genen des Zucker-Stoffwechsels waren geringer als normal, und außerdem wurde in den Leberzellen der Mäuse weniger Glykogen synthetisiert.

Mit der Entdeckung der Cytohesine als zusätzlichem Mitspieler im komplizierten Regelsystem, das das Insulin-Signal in den Zellen weiterleitet, verbinden die Forscher die Hoffnung auf Fortschritte bei der Therapie von Diabetes Typ 2. Denn bisher gibt es - mit Ausnahme extrem seltener Erbkrankheiten - noch keine Belege dafür, dass der Ausfall eines der schon bekannten Elemente der Signalkette für die charakteristische Insulin-Unempfindlichkeit der Körperzellen bei Typ 2-Diabetikern verantwortlich ist.

Originalveröffentlichung: Markus Hafner et al.; "Inhibition of cytohesins by SecinH3 leads to hepatic insulin resistance"; Nature 2006, Bd. 444, Nr. 7121, S. 941-944.

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