Weiße Biotechnik - Chance für eine sauberere Industrieproduktion

11.03.2005

Biotechnische Verfahren können in der industriellen Produktion ökologisch und sicherheitstechnisch den chemischen Verfahren deutlich überlegen sein. Dies zeigt eine Studie zur so genannten "Weißen Biotechnik", die das Bayerische Institut für Angewandte Umweltforschung und -technik (BIfA) im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) erarbeitet hat. Ein Beispiel: Die biotechnische Produktion des Vitamins B2 - das als Lebens- und Futtermittelzusatz bei Vitaminmangel eingesetzt wird - schnitt in fünf von sechs Ökobilanz-Wirkungskategorien besser ab als das klassisch chemische Herstellungsverfahren.

Die Biotechnik zählt neben der Nanotechnik sowie der Informations- und Medizintechnik zu den wichtigsten Innovationsfeldern des 21. Jahrhunderts. Als typische Querschnitttechnik erfasst ihr Fortschritt eine Vielzahl von Wirtschaftsbereichen: Chemie, Pharmazie, Human- und Veterinärmedizin, Lebensmittelindustrie, Umweltschutz, Land- und Forstwirtschaft. Die industrielle Biotechnik - auch weiße Biotechnik genannt - betrifft den Einsatz biologischer Prozesse im Rahmen technischer Verfahren und industrieller Produktion. So grenzt sie sich gegen die blaue Meeresbiotechnik, die graue Umweltbiotechnik, die grüne Agrarbiotechnik und die rote medizinische Biotechnik ab.

Biotechnische Produktionsprozesse sind nicht per se umweltverträglich. Daher müssen auch sie einer ökologischen Bewertung unterzogen werden, um ihren Einsatz zu rechtfertigen. Eine solche Bewertung wurde in einem Forschungsvorhaben des UBA vorgenommen. Beispielhaft wurde die biotechnische Produktion von Vitamin B2 und eines Leistungsförderers bei der Tiermast, ein Verfahrensschritt bei der Lederherstellung sowie der Einsatz von Enzymen in Waschmitteln mit der jeweiligen nicht-biotechnischen Alternative verglichen.

Bei der Vitamin B2-Produktion schnitt der biotechnische Prozess in fünf von sechs Ökobilanz-Wirkungskategorien besser ab als das chemische Verfahren. Die Umweltentlastung resultierte aus einem verminderten Chemikalien-, Energie- und Wasserverbrauch und kürzeren Prozesslaufzeiten. Bei der Lederherstellung ebenso wie bei Waschmitteln ergaben sich für den biotechnischen, enzymatischen Prozess bei allen untersuchten Wirkungskategorien günstigere Werte als beim jeweiligen enzymfreien Verfahren. Das gleiche Ergebnis wurde für den biotechnisch produzierten Leistungsförderer festgestellt.

Die Analyse human- und ökotoxikologischer Einzelstoffe in allen vier untersuchten Prozessen ergab in der überwiegenden Zahl der bewerteten Stoffe günstigere Werte für den biotechnischen Prozess. Nur in Einzelfällen erwies sich der chemische Prozess als überlegen. Allerdings waren die Unterschiede hier gering und betrafen nicht den Produktionsprozess selbst, sondern die Herstellung landwirtschaftlicher Vorprodukte. Durch Nutzung landwirtschaftlicher Restbiomasse könnte hier eine Optimierung erreicht werden.

Für den sicherheitstechnischen Anlagenvergleich einer biotechnischen und chemischen Vitamin B2-Anlage wurde das prozess- und stoffbezogene sowie das biologische Gefahrenpotential analysiert. Während das biotechnische Verfahren bei Normaldruck und Raumtemperatur abläuft, findet der chemische Prozess bei hohen Drücken und zum Teil hohen Temperaturen statt. Der chemische Prozess weist zudem die Verwendung einer deutlich höhere Zahl an gefährlichen Stoffen auf. Die beim biotechnischen Verfahren eingesetzten biologischen Arbeitsstoffe haben nur ein geringes bis vernachlässigbares Sicherheitsrisiko. Somit erwies sich das großtechnisch eingesetzte biotechnische Verfahren der Vitamin B2-Herstellung auch in Bezug auf die Sicherheit deutlich als vorteilhafter.

Der in dem Forschungsvorhaben durchgeführte Vergleich biotechnischer und chemischer Anlagen, Prozesse und Produkte belegt, dass die Biotechnik deutliche ökologische Vorteile gegenüber der chemischen Alternative haben kann. Die Nutzung der Optimierungspotentiale bei biotechnischen Prozessen und der Einsatz nachwachsender Rohstoffe als Ausgangmaterialien für die Produktion können diese positiven Effekte noch verstärken.

Der Endbericht des Forschungsvorhabens kann über den Link heruntergeladen werden.

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