Vielfältige und äußerst interessante Möglichkeiten eröffnet die noch junge Disziplin der Nanobiotechnologie. Nach einer neuen Analyse von Technical Insights, einem Unternehmensbereich von
Frost & Sullivan, könnte mit nanotechnologischen Verfahren in der
Medizin im Jahr 2015 ein Umsatzvolumen von bis zu 180 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet werden. Dabei reichen die Anwendungsgebiete von einer schnelleren und genaueren Diagnose über Effizienzsteigerungen bei Wirkstoffforschung bis hin zu einer Optimierung der Wirkstoffverabreichung.
"Neben dem Aufspüren kleinster Mengen von
Krebszellen oder Krankheitserregern könnten nanostrukturierte Materialien und Nanoapparate eine bessere Diagnose komplexer Erkrankungen ermöglichen", sagt Girish Solanki, Analyst bei Technical Insights. Quantenpunkte, die die Fähigkeit haben, sich chemisch an biologische Moleküle zu binden und helles Fluoreszenzlicht auszustrahlen, könnten besonders effektive Krebs-Früherkenner sein. Sie könnten zur Codierung von Genen und Proteinen eingesetzt werden, "um die Empfindlichkeit von diagnostischen Verfahren für schwer aufzuspürende Moleküle zu erhöhen, wie dies bei
Krebs, AIDS oder Hepatitis erforderlich ist", erläutert Solanki.
Mit einer neuen Generation von Nanochips ließe sich die riesige Menge potenzieller
Wirkstoffe schneller und effizienter analysieren.
Fortschritte bei der Nanoverkapselung
Entwicklungen in der Nanoverkapselung könnten für eine verbesserte Wirkstoffverabreichung und -absorption genutzt werden. Die relativ reaktionsträge Nanokapsel umschließt den Wirkstoff und gibt ihn erst im Zielgewebe frei, wodurch Komplikationen durch die
Toxizität des Wirkstoffs vorgebeugt werden kann. Probleme mit Immunreaktionen beim Einsatz modifizierter
Viren als Vektor in der
Gentherapie lassen Kohlenstoff-Nanoröhren als interessante Alternative erscheinen, die nun als Mittel der Wirkstoffverabreichung ins Auge gefasst werden. Außerdem werden die Möglichkeiten des Einsatzes magnetischer
Nanopartikel zum Transport von Wirkstoffen mittels eines magnetischen Feldes an bestimmte Körperstellen untersucht. Damit könnten ebenfalls die Nebenwirkungen auf andere Organe minimiert werden.
Die
Mikrofluidik verzeichnet ähnlich ermutigende Fortschritte, durch die eine Beeinflussung der Wirkstoffkonzentration innerhalb des Körpers in Echtzeit ermöglicht und Schwankungen der Wirkstoffkonzentration vermieden werden können. Implantierte Nanosensoren könnten bei Diabetikern ein Signal an die Insulinpumpe senden, mehr Insulin freizusetzen. Dieses Verfahren könnte dann auch für andere
Medikamente eingesetzt werden.
Knochen, Gewebe und Verbandmaterialien aus nanostrukturierten Materialien
Ebenfalls erhebliche Fortschritte gibt es im Bereich neuartiger nanostrukturierter Materialien, die als Muster für die Gewebsbildung dienen und dadurch eine bessere Behandlung von Brandwunden oder den Ersatz von Knochengewebe ermöglichen können. Während dieses Verfahren im Falle von Verbrennungen bereits deutlich zur Verringerung der Todesfälle beigetragen hat, befindet sich die Forschung bei der Induzierung des Wachstums von Knochengewebe durch Polymermuster noch in den Anfängen.
Daneben wird an Verbandmaterial geforscht, welches
Fasern beinhaltet, die durch Elektrospinnen gewonnen werden, und eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Mull- und Elastikverbänden darstellen. Diese neuen Verbände, die aus einem flanellartigen Material bestehen, stillen Blutungen sofort und können auf der Wunde verbleiben, da sie vom Körper absorbiert werden.
Die
Nanotechnologie dürfte auch Verbesserungen für biomolekulare bildgebende Verfahren mit sich bringen. Ein Schwerpunkt der Forschung liegt auf der Anwendung von AFM (Atomic Force Microscopy - Rasterkraftmikroskopie) bei organischem Material, um dieses minimal zu beeinflussen und es in vivo schnell und genau zu untersuchen. Andererseits dürften es nichtinvasive bildgebende Verfahren wie die Tensor-Diffusions-Kernspintomographie (DT-MRT) den Ärzten ermöglichen, Entwicklung, Degeneration, Erkrankung und Alterung von Weichteilgewebe auf der Basis der Erzeugung detaillierter Bilder seiner Struktur besser zu beobachten.
Optimistisch in die Zukunft
Die
Investitionen in biomedizinische Nanotechnologiefirmen scheinen die optimistische Stimmung widerzuspiegeln. Mit jeweils zehn Millionen US-Dollar oder mehr übersteigen sie die für Firmen in vielen anderen Nanotechnologie-Sektoren üblichen Summen. Solanki konstatierte bei seiner Recherche erste Anzeichen dafür, dass die intensiven Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in der Nanobiotechnologie schon bald zu realen Anwendungen führen könnten, bei denen komplizierte Laborverfahren von leistungsfähigen
Mikrochips übernommen werden.