Präzisere Suche im Dschungel der Krebsentstehungs-Gene

09.08.2012 - Österreich

Eine Forschungsgruppe um Robert Eferl und Mathias Müller aus Wien hat eine neue Forschungsmethode entwickelt, um präziser herausfinden zu können, welche Kombination von Genmutationen tatsächlich zu Krebs führt. Die Gruppe stellt ihre Arbeit in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Nature Methods“ vor. Die Studie ist das Ergebnis einer langfristigen Zusammenarbeit der Vetmeduni Vienna, des Ludwig Boltzmann Instituts für Krebsforschung und einem Spezialforschungsbereich des FWF, der von Mathias Müller (Vetmeduni Vienna) koordiniert wird, sowie dem Comprehensive Cancer Center der Medizinischen Universität Wien.

Trotz enormer Anstrengungen, die molekularen Mechanismen der Entstehung von Krebs zu entschlüsseln, wissen Krebsforscher noch immer zu wenig über die genetischen Grundlagen bösartiger Tumorerkrankungen. Nachdem die ersten krebsauslösenden Gene (Onkogene) entdeckt waren und nach der Erkenntnis, dass es Mutationen normaler Gene sind, glaubte man lange, dass eine einzige Genmutation ausreiche, um zu Krebs entstehen zu lassen. Weitere Forschungen zeigten jedoch, dass den meisten Krebsformen Mutationen mehrerer Gene zugrunde liegen.

Genkombinationen effizienter finden

So ist mittlerweile eine verwirrende Fülle von Mutationskombinationen bekannt, die alle zu Krebs führen können. Herauszufinden, welche dieser Kombinationen tatsächlich gefährlich sind, war bisher eine schwierige Suche nach dem Prinzip Versuch und Irrtum. Das könnte sich nun ändern. Ein Forschungsteam um Robert Eferl vom Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung und dem Comprehensive Cancer Center der Medizinischen Universität Wien und Mathias Müller von der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) hat mit dem Mausmodell namens “Multi-Hit“ eine neue Methode entwickelt, um Mutationen zu finden, die gemeinsam tatsächlich zur Krebsentstehung beitragen.

Viele Signalwege

Die Forschenden verwendeten für ihr neues Modell das sogenannte CRE-Rekombinase-System, um zufällige (stochastische) Aktivierungen von potentiellen Krebsgenen in Lungenepithelzellen der Maus einzuführen. Sie testeten das Modell mit dem sogenannten RAS-Protein, von dem man bereits wusste, dass es bei vielen verschiedenen humanen Krebsformen mutiert ist. Trotz intensiver Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, das RAS-Protein pharmakologisch zu blockieren. Deshalb konzentrieren sich Forscher vor allem auf Signalwege, die vom RAS-Protein aktiviert werden. Leider ist aber in den meisten Fällen nicht bekannt, welche Signalwege Tumore auslösen und welche nicht. Mit Hilfe des neuen Multi-Hit Systems können die relevanten Signalwege nun herausgefiltert werden.

Meist alle drei Gene aktiv

Eferl, Müller und ihr Team haben mit Hilfe des Enzyms CRE nach dem Zufallsprinzip in Lungenepithelzellen drei mutierte RAS-Gene aktiviert und die stochastischen Aktivierungsmuster in den entstanden Tumoren untersucht. Die RAS-Gene waren dabei so verändert, dass sie jeweils nur mehr einen spezifischen Signalweg aktivieren konnten. Dabei hat sich herausgestellt, dass CRE in den meisten Fällen alle drei Gene aktivierte. Dennoch reichte in manchen Fällen die alleinige Aktivierung des PI3K Signalwegs aus, um Krebs entstehen zu lassen. In den Krebstumoren, die sich am schnellsten ausbreiteten, waren jedoch alle drei untersuchten Signalwege (RALGEF, MAPK, PI3K) aktiv. Daraus schließen die Forschenden, dass all diese Signalwege an der Krebsentstehung beteiligt sein müssen.

„Das Prinzip funktioniert“

Eferl, der heute am Institut für Krebsforschung und am Comprehensive Cancer Center (CCC) arbeitet (beide an der Medizinischen Universität Wien), freut sich über die Ergebnisse der Studie: „Unsere Arbeit am RAS-Protein weist uns den Weg zu neuen Möglichkeiten in der Krebstherapie. Jedoch zeigt sie nur, dass das Prinzip funktioniert. Wichtiger für uns ist, gezeigt zu haben, dass das Multi-Hit-Modell tatsächlich zur Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Genmutationen in der Entstehung von Krebs verwendet werden kann. Wir erwarten, dass wir mit dem neuen Modell die Krebsentstehung besser verstehen können und herausfinden, wie wir die Krankheit effizienter behandeln können.“

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