Mit einem neuen 3D-Darm-Chip-Modell erreicht die Erforschung von Pilzinfektionen eine neue Qualität

Erfolgreiche Kooperation zwischen Wissenschaft, Klinik und Start-up

25.03.2024
Raquel Alonso-Roman, Parastoo Akbarimoghaddam

3D-Rekonstruktionen der Epithelzellschicht des Darms mit C. albicans (Fluoreszenzaufnahme: C. albicans: rot, F-Actin: grün, Zellkerne: blau)

Das Jenaer Biotechnologie-Start-up Dynamic42 hat ein Darm-Chip-Candidiasis-Modell entwickelt, das eine Quantifizierung des Infektionsprozesses erlaubt. Durch Kombination mikrobiologischer und bildbasierter Analysen kann die Pathogen-Wirt-Interaktionen deutlich präziser analysiert werden, als es mit herkömmlichen 2D-Modellen möglich ist. In Zusammenarbeit mit dem Hans-Knöll-Institut und dem Universitätsklinikum Jena haben die Experten von Dynamic42 wichtige Fortschritte im Verständnis der Candidiasis, einer potenziell lebensbedrohlichen Pilzinfektion, erzielt. Die Ergebnisse sind in der März-Ausgabe des Journals „Biomaterials“ erschienen.

Die 2018 von Mitarbeitern des Universitätsklinikums Jena gegründete Dynamic42 GmbH entwickelt neuartige mikrophysiologische 3D-in-vitro-Testsysteme, sogenannte „Organs-on-Chip“ (OoC). In diesen Biochip-basierten Mikrofluidik-Systemen bilden die Forscher die humane Physiologie im Labor nach - menschliche Zellen reagieren in vitro quasi wie in vivo. Die Modellsysteme sind in allen Stadien der Wirkstoffentwicklung einsetzbar, von der grundlegenden Erforschung molekularer Mechanismen bis hin zur pharmakologischen Bewertung von Wirkstoffen in der präklinischen Forschung. Forschungspartnern hilft Dynamic42 mit ihren Organmodellen, auf Tierversuche zu verzichten.

Ein konkretes Beispiel für die Relevanz der Organ-on-Chip Technologe ist die Untersuchung von Krankheitserregern wie Candida albicans. Dieser Hefepilz besiedelt ohne Symptome zu verursachen Haut und Schleimhäute, unter anderem im menschlichen Darm. Unter bestimmten Bedingungen kann er jedoch zu gefährlichen Infektionen führen, die lebensbedrohlich werden können. In Deutschland sind jährlich etwa 40.000 Menschen von einer invasiven Candida-Infektion betroffen.

Interaktionen zwischen Pilz und Wirt exakt nachgebildet

Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung und Anwendung eines neuen Darm-Chip-Candidiasis-Modells, das die relevanten Interaktionen zwischen Pathogen und Wirt wie Anheftung, Eindringen und Verteilung im Gewebe genau nachbildet. Da Makrophagen in das System integriert wurden, kann auch eine Entzündungsantwort simuliert werden. Durch die Kombination mikrobiologischer und bildbasierter Analysen ermöglicht das Modell eine genaue quantitative Bewertung sowohl der Schwere der Infektion als auch der Wirksamkeit von Antimykotika wie Caspofungin.

"Mit Hilfe des Darm-on-Chip-Modells können wir die Invasivität und die Translokation des Pilzes in verschiedenen Gewebekompartimenten untersuchen. Indem wir die Behandlung über ein Perfusionssystem anwenden, können wir außerdem eine intravenöse Verabreichung simulieren, wie sie bei Patientinnen und Patienten durchgeführt wird", so Tim Kaden, Doktorand bei Dynamic42, über die Vorteile des Systems.

Dr. Alexander S. Mosig, Leiter des „inspire lab“ am Universitätsklinikum Jena, ergänzt: „Unsere gemeinsame Arbeit bietet nicht nur gänzlich neue Einblicke in die Pathogenese der Candidiasis, sondern auch vielversprechende Ansätze für deren Behandlung. Die Kombination aus innovativen Modellen und fortschrittlichen Analysetechniken ermöglicht es uns, effektivere Strategien gegen diese lebensbedrohliche Infektion zu entwickeln.“

Originalveröffentlichung

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