TimeTeller bestimmt die innere Uhr

Spin-off verrät den richtigen Zeitpunkt für Training, Schlaf und Medikamentengabe

24.05.2023 - Deutschland
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Symbolbild

Ein interdisziplinäres Team um Professorin Dr. Angela Relógio vom Molekularen Krebsforschungszentrum MKFZ und dem Institut für Theoretische Biologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin als auch von der MSH Medical School Hamburg hat eine nichtinvasive Methode entwickelt, mit deren Hilfe der persönliche zirkadiane Rhythmus bestimmt werden kann. Aus einem einfachen Speicheltest können die Expert*innen mit einer Kombination aus experimentellen Analysen und mathematischen Modellen das Profil der individuellen inneren Uhr bestimmen.

Ziel ist es, personalisierte Empfehlungen zu geben, mit denen der Lebensstil oder der Zeitpunkt einer medizinischen Behandlung an die innere Uhr angepasst werden kann.

„Die biologische Uhr, die auch als zirkadiane Uhr bezeichnet wird, tickt in praktisch jeder Körperzelle“, erklärt Professorin Angela Relógio. „Sie regelt den Zeitablauf vieler zellulärer und molekularer Mechanismen wie die Zellteilung oder von Stoffwechselprozessen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der menschlichen Gesundheit. Ist der zirkadiane Rhythmus gestört, können Krankheiten entstehen wie Schlafstörungen, Depressionen, Diabetes, neurodegenerativen Erkrankungen, Fettleibigkeit oder Krebs.“

Persönlicher Rhythmus bestimmt Wohlbefinden und Gesundheit

Professorin Angela Relógio leitet die Forschungsgruppe Zircadiane Medizin und Systembiologie am molekularen Krebsforschungszentrum und am Institut für Theoretische Biologie der Charité sowie das Institut für Systemmedizin an der MSH – Medical School Hamburg. Die Professorin für Physikalisch-Technische Ingenieurwissenschaften hat gleichzeitig einen Doktortitel in Zell- und Molekularbiologie. Diese besondere Kombination ermöglicht es ihr, das TimeTeller-Projekt zu entwickeln und zu leiten. „Die zirkadianen Rhythmen und das Timing unserer molekularen Prozesse sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich“, berichtet sie. „Wenn man seinen persönlichen zirkadianen Rhythmen kennt und Schlaf, Bewegung oder Medikamenteneinnahme daran anpasst, kann das das Wohlbefinden und die Gesundheit verbessern. Bei Krebspatient*innen zum Beispiel vermuten wir, dass wir die Wirksamkeit der Behandlung optimieren und die Nebenwirkungen verringern könnten, wenn wir den Zeitplan der medizinischen Behandlung an den zirkadianen Rhythmus des einzelnen Patienten anpassen. Das könnte die Lebensqualität der Patient*innen während der Behandlung verbessern, und im Übrigen auch zu geringeren Kosten für die Gesundheitssysteme führen.

Doch wie bestimmt man die innere Uhr? „Wir wissen, dass jede Zelle des menschlichen Körpers die Aktivität vieler Gene regelmäßig steigert und absenkt“, erklärt Angela Relógio. „Zum Beispiel sind die Gene, die die Zellteilung oder den Stoffwechsel steuern, innerhalb von 24 Stunden je nach Tageszeit mehr oder weniger aktiv. Da wir davon ausgehen, dass alle Zellen des Körpers synchron arbeiten, schließen wir aus der Analyse der Genaktivität in Speichelzellen auf die die zircadiane innere Uhr.“

Uhr in Speichelzellen tickt individuell und synchron mit Uhr in anderen Zellen

Die Wissenschaftler*innen um Angela Relógio bestimmten daher in Zellen aus Speichelproben, die sie zu verschiedenen Tageszeiten von Probanden entnommen hatten, die Aktivität mindestens zweier Gene anhand der mRNA: Je mehr mRNA -Moleküle vorhanden sind, desto häufiger wurde das Gen abgelesen.

„Wir haben daraufhin ein mathematisches Modell entwickelt, das aus den Genaktivitäten berechnet, wann es am sinnvollsten ist, Medikamente zu verabreichen, Sport zu treiben oder schlafen zu gehen..“ So konnten die Wissenschaftler*innen bei Sportler*innen erfolgreich vorhersagen, wann der beste Zeitpunkt für ein Training war, oder berechnen, wann Medikamente am besten verabreicht werden sollten, um Krebszellen zum Absterben zu bringen und gleichzeitig die Nebenwirkungen auf gesunde Zellen am niedrigsten zu halten.

Klinische Studien sollen Technologie validieren

„Bisher haben wir unsere Technologie rückwirkend überprüft, wir wollten herausfinden, ob wir beobachtete Effekte auch mit unseren Methoden hätten vorhersagen können. Um unsere Methode nun weiter zu validieren, nehmen wir derzeit an verschiedenen klinischen Studien teil. Unser Ziel ist es, Ärztinnen und Ärzte dabei zu unterstützen, den besten Zeitpunkt für die Behandlung zu wählen, und gesunden Menschen dabei zu helfen, ihre täglichen Aktivitäten an ihre innere Uhr anzupassen, um gesund zu werden oder zu bleiben“, erklärt Angela Relógio.

TimeTeller hat sich kürzlich die nächste Finanzierungsrunde im Rahmen des InnoRampUp-Programms der IFB Hamburg gesichert und befindet sich derzeit in Gesprächen für den Aufbau von Kooperationen mit einer Reihe von Pharmaunternehmen. Im März 2023 haben die Partner die TimeTeller GmbH aus der Charité heraus ausgegründet.

Unterstützung durch translationales Ökosystem von Charité, BIH und Stiftung Charité

Das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), die Charité und die Stiftung Charité haben das TimeTeller-Projekt auf seinem Entwicklungsweg mit einer Reihe von translationalen Instrumenten unterstützt. Inventors 4 Health (I4H), ein von der Stiftung Charité gefördertes und von SPARK-BIH durchgeführtes Pilotprogramm für Charité-Wissenschaftler*innen mit unternehmerischen Ambitionen, unterstützte Prof. Angela Relógio im Jahr 2019 dabei, die Idee zu TimeTeller weiter auszubauen. Im BIH Digital Health Accelerator Programm von Charité BIH Innovation (CBI) konzentrierte sich das Team ab 2020 auf die Entwicklung des Medizinprodukts einschließlich der technologischen, betriebswirtschaftlichen, regulatorischen und Marktzugangsaspekte und bereitete die Gründung des Spin-off-Unternehmens vor.

Erfolgreicher Transfer der Forschungsergebnisse

"Der erfolgreiche Transfer der Forschungsergebnisse von Professorin Angela Relógio in ein Unternehmen ist ein greifbares Beispiel dafür, welches Potenzial die medizinische Translation entfalten kann. Voraussetzung dafür sind gut konzipierte Partnerschaften, in diesem Fall mit der Stiftung Charité, und geeignete Instrumente wie der I4H-Pilot und unser DHA-Programm, die engagierte Innovator*innen unterstützen", kommentiert Professor Dr. Christopher Baum, Vorsitzender des BIH Direktoriums und Vorstand für den Translationsforschungsbereich der Charité.

"Wir freuen uns mit dem TimeTeller-Team", so Tim Huse und Dorothée Marie-Louise Döpfer vom DHA-Programm des BIH. "Wir sind beeindruckt von ihrer Vision, ihrem Durchhaltevermögen und ihrem Einsatz für die Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität von Patient*innen. Wir wünschen dem Team viel Erfolg und Glück und sind gespannt auf die weitere Entwicklung."

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