Lebenserwartung präziser vorhersagen mit Blutmarkern plus Lebensstil

Männer mit den ungesündesten Lebensgewohnheiten und einem ungünstigen Biomarker-Profil müssen mit einem Verlust von über 22 Lebensjahren rechnen

12.04.2022 - Deutschland

Eine kombinierte Analyse von Lebensstil-Faktoren und fünf alterungsbezogenen Serum-Biomarkern hat hohe Vorhersagekraft für die Lebenserwartung. Dies ermittelten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Deutschen Krebsforschungszentrum. So müssen Männer mit den ungesündesten Lebensgewohnheiten und einem ungünstigen Biomarker-Profil mit einem voraussichtlichen Verlust von über 22 Lebensjahren rechnen.

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Wie viele Lebensjahre verliert jeder einzelne durch ungesunde Lebensgewohnheiten und ein ungünstiges Biomarker-Profil? Eine kombinierte Analyse gibt Antworten (Symbolbild)

Dass ein ungesunder Lebensstil Lebensjahre rauben kann, ist durch zahlreiche Studien belegt. Wie groß die schädlichen Effekte tatsächlich sein können, haben Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) bereits vor einigen Jahren präzise ermittelt: Menschen, die alle Empfehlungen zur Gesundheitsprävention beherzigen, leben bis zu 17 Jahre länger als Zeitgenossen mit sehr ungesunden Lebensgewohnheiten.

Doch das biologische Altern hängt nicht nur von diesen beeinflussbaren Lebensstilfaktoren ab. Auch sozioökonomische Faktoren spielen eine Rolle, ebenso die individuelle genetische Ausstattung. Der funktionelle biologische Abbau spiegelt sich in einer Vielzahl an Blut-Biomarkern wider. „Wir wollten nun wissen, ob wir die Lebenserwartung noch präziser vorhersagen können, wenn wir zusätzlich geeignete Serum-Biomarker bestimmen“, sagt Rudolf Kaaks, Epidemiologe am DKFZ.

Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen hatten kürzlich ein Panel an Blut-Biomarkern ausgewählt, die eng mit der Lebenserwartung korrelieren und zuverlässig und einfach messbar sind. Die fünf Marker, die das Heidelberger Team nun aus diesem Panel auswählte, sind relevante physiologische Indikatoren für verschiedene Aspekte des biologischen Alterns. Der Growth differentiation factor 15 (GDF-15) zeigt oxidativen Stress, Entzündungen und Mitochondrien-Fehlfunktion an, der Cystatin C-Spiegel gibt Hinweis auf die Nierenfunktion und NT-proBNP zeigt Herzschäden an. Erhöhte Werte des so genannten „Glykohämoglobin“ HbA1c signalisieren Diabetes und ungesunden Stoffwechsel, das C-reaktive Protein CRP ist ein Marker für systemische Entzündung.

Für die aktuelle Untersuchung konnten die DKFZ-Epidemiologen auf die Blutproben der Heidelberger EPIC-Teilnehmer zugreifen. Das DKFZ ist seit über 20 Jahren an dieser gesamteuropäischen Untersuchung zum Zusammenhang von Ernährung, Lebensstilfaktoren und Krebs beteiligt. Die Heidelberger EPIC-Kohorte umfasst über 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im mittleren bis höheren Lebensalter. 2571 Teilnehmer waren zum Ende der Nachbeobachtungsperiode (2014) verstorben.

Das DKFZ-Team ermittelte für alle Studienteilnehmer ein Profil von lebensstilbezogenen Risikofaktoren (Rauchen, Body Mass Index, Hüftumfang, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Diabetes, Bluthochdruck). Berücksichtigten die Forscher allein dieses Profil, so lag die Lebenserwartung von Männern mit dem günstigsten Profil 16,8 Jahre höher als die von Studienteilnehmern mit den ungesündesten Lebensgewohnheiten. Bei den Frauen betrug dieser Unterschied nur 9,87 Jahre.

Wurden zusätzlich zum Lebensstil die Serummarker einberechnet, so ergab sich eine Differenz von 22,7 Lebensjahren zwischen Männern mit den ungünstigsten Werten gegenüber der günstigsten Gruppe. Bei den Studienteilnehmerinnen betrug diese Differenz 14 Jahre.

„Der voraussichtliche Verlust an Lebenserwartung ist ein geeigneter und leicht verständlicher Messwert, den beispielsweise Ärzte nutzen können, um ihre Patientinnen und Patienten zu motivieren, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben. Auch könnten damit Menschen mit besonders hohen gesundheitlichen Risiken identifiziert werden, die von direkten Interventionen profitieren könnten“, erklärt Erstautor Bernard Srour. „Durch die Kombination von Lebensstilfaktoren plus Serummarkern kann die Vorhersagekraft für die Lebenserwartung noch weiter verbessert werden.“

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