RNA-Moleküle - Rätselhafte Stars der Genomforschung

GEN-AU Forschungsprojekt über nicht-protein-kodierende RNAs geht in die nächste Phase

02.10.2009 - Österreich

Die Ribonukleinsäure, RNA, stand lange Zeit im Schatten ihres Schwestermoleküls DNA, der Desoxyribonukleinsäure. Schließlich ist es die weltberühmte Doppelhelix DNA, die den Bauplan zur Herstellung der Proteine trägt. Die einsträngige RNA hingegen galt in der Abfolge DNA - RNA - Protein vorrangig als Übermittlerin der Information vom Gen zum Protein.

Groß war daher die Überraschung, als entdeckt wurde, dass ein erheblicher Teil des Erbguts von Mensch und Tier Gene enthält, deren Information keineswegs zum Bau von Proteinen dient. Viele dieser nicht-protein-kodierenden Gene werden lediglich in RNA übersetzt. Mittlerweile steht fest, dass einige dieser ungewöhnlichen RNAs die Aktivität der Gene steuern und dass dieser Vorgang - wenn er fehlerhaft abläuft - zur Entstehung von Krankheiten beiträgt.

Wieviele ncRNA-Gene gibt es und was ist ihre Aufgabe?

Dennoch ist nach wie vor offen, wie viele Gene für nicht-kodierende RNAs es im menschlichen Erbgut gibt, was ihre Zielmoleküle sind und welche Aufgaben sie übernehmen. Diese Fragen werden zunehmend mit den immer leistungsfähigeren Hochdurchsatz-Analyse-Methoden untersucht, darunter das sogenannte Deep Sequencing, mit dem Millionen RNA-Sequenzen in einer Zelle gleichzeitig „entziffert“ werden können.

Das Forschungsprojekt der österreichischen Genomforschungsprogramms GEN-AU unter Leitung von Prof. Alexander Hüttenhofer von der Sektion für Genomik und RNomik des Biozentrums der Medizinischen Universität Innsbruck hat in den letzten drei Jahren erfolgreich zur Erforschung der rätselhaften Moleküle beigetragen. Die zurückliegende Laufzeit des Projekts wurde soeben abgeschlossen und die nächste unter dem Titel „Nicht-protein-kodierende RNAs: von der Identifizierung zur funktionalen Charakterisierung“ offiziell mit einem Meeting in Seefeld, Tirol, eröffnet. Die Tagung wurde von der CEMIT – Center of Excellence in Medicine and IT, organisiert (Dr. Blair Henderson), die das Projektmanagement durchführt.

Fadenwurm und Krebs-Gene

Zur Tagung waren sowohl Konsortiumsmitglieder als auch externe Gastredner geladen. Dr. Helge Großhans vom Friedrich Miescher Institut für Biomedizinische Forschung in Basel präsentierte neueste Forschungsergebnisse zu microRNAs beim Fadenwurm Caenorhabditis elegans (C. elegans). MicroRNAs sind sehr kurze nichtkodierende RNA-Moleküle. Sie binden an Boten-RNAs (mRNAs), die die protein-kodierende Information tragen, und inaktivieren diese. Der Fadenwurm ist eines der beliebtesten Modellorganismen von Entwicklungsbiologen und Genetikern. An diesem Organismus wurde die erste microRNA let-7 entdeckt, von der mittlerweile bekannt ist, dass sie die Aktivität das Onkogens Ras bremst und somit als Tumor-Suppressor wirkt. Großhans zeigte nun in Seefeld neue Erkenntnisse dazu, wie let-7 diese Aufgabe ausübt. Auch präsentierte er ein neues Modell, das erklärt, wie microRNAs selbst abgebaut werden.

RNA als Virenschutz

Professor Dr. Michael Terns von der University of Georgia, USA, stellte einen faszinierenden Mechanismus vor, wie einzellige Lebewesen nichtkodierende RNAs verwenden, um sich vor dem Angriff von Viren zu schützen. Terns arbeitet mit Archaeen, die in rund 100 Grad Celsius heißem Wasser in der Tiefe des Meeres leben. Werden diese Einzeller von Viren angegriffen, nehmen sie Bruchstücke der Virus-RNA in ihr eigenes Erbgut auf. Bei der nächsten Attacke dient diese nichtkodierende RNA dazu, den Feind zu erkennen und dessen RNA zu inaktivieren. Nichtkodierende RNAs stellen also bei diesem Organismus eine Art Immunsystem dar.

Das Treffen in Seefeld bot aber auch den jungen Wissenschaftlern des Konsortiums Gelegenheit, ihre Forschung zu präsentieren und mit Experten des Fachgebiets zu diskutieren. Es war gekennzeichnet von engagierten Diskussionen, bei denen viele Anknüpfungspunkte für neue Kooperationen und gemeinsame Forschung innerhalb des Netzwerks und darüber hinaus entstanden.

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