Warum die Proteomforschung noch auf den Durchbruch wartet

Fehlende Standardisierung hemmt den Erfolg

22.02.2008

Der Vergleich aller Proteine von gesunden und kranken Zellen des menschlichen Körpers soll helfen, den Ursachen von Krankheiten auf die Spur zu kommen: Dieser Ansatz der internationalen Humane Proteom Organisation (HUPO), in der sich Proteinforscher aus aller Welt zusammengeschlossen haben, ist viel versprechend. Dennoch gab es bisher keinen Durchbruch in der Forschung. Ein Grund dafür liegt nach Ansicht der Forscher des RUB-Proteomcenters um Prof. Dr. Helmut E. Meyer und Dr. Michael Hamacher in der mangelnden Standardisierung. "Wenn alle Forscher weltweit unterschiedlich an die Fragen herangehen, lassen sich ihre Ergebnisse schlecht vergleichen", argumentiert Dr. Hamacher. Auch würde die notwendige Anzahl an Versuchsreihen von Wissenschaftlern teils deutlich unterschätzt. In "Molecular & Cellular Proteomics" fordern die Bochumer Forscher daher einen wissenschaftlichen Verhaltenskodex.

Die Erbinformation jeder Zelle ist in den Genen festgeschrieben. Jedes Gen kodiert für ein oder mehrere Eiweiße (Proteine). Die Gesamtheit aller Proteine, das Proteom, ist jedoch veränderlich, da nicht alle Gene in verschiedenen Zelltypen gleichzeitig oder im gleichen Ausmaß in Eiweiße umgesetzt werden. So unterscheidet sich das Proteom verschiedener Organe, die dadurch unterschiedliche Aufgaben und ein verschiedenes Aussehen haben. Auch bei Erkrankungen wie Krebs tritt eine Veränderung des Proteoms auf. Ein Vergleich der Proteine von gesunden und erkrankten Zellen kann daher Aufschluss über die Ursache der Krankheit geben und mögliche Ansätze für eine Heilung bieten.

Dieses Ziel verfolgen Proteinforscher weltweit, die sich 2001 in der internationalen Humane Proteom Organisation (HUPO) zusammengeschlossen haben. Unter dem Dach von HUPO arbeiten mehrere Initiativen, die das Proteom der verschiedenen menschlichen Organe analysieren. Die Koordination der Analyse des Gehirn-Proteoms übernahmen Helmut E. Meyer (Medizinisches Proteom-Center der Ruhr-Universität Bochum) und Joachim Klose (Institut für Humangenetik der Charité Berlin). Am HUPO Brain Proteome Project (HUPO BPP) arbeiten mehr als 200 Interessenten weltweit. Fernziel des Projekts ist die Entschlüsselung des Gehirn-Proteoms, die Identifizierung krankheitsassoziierter Proteine und die Entwicklung geeigneter Methoden und Standards. Die krankheitsassoziierten Proteine könnten als Früherkennungsmarker und/oder Ansatzpunkte für pharmakologische Strategien dienen. Der Fokus liegt dabei in der Analyse von Alterung, Alzheimer und Parkinson.

"Obwohl die Proteomforschung einen sehr viel versprechenden Ansatz darstellt, die Ursachen von Erkrankungen zu erforschen, konnten in den letzten Jahren nur wenige Erfolge erzielt werden", zieht Dr. Hamacher Bilanz. Das liege zum einen daran, dass die Analyse von Proteinen überaus komplex ist. Zum anderen habe sich aber auch gezeigt, dass viele Forschergruppen unterschiedliche Protokolle und Kriterien bei ihren Versuchen verwenden. "Da die zurzeit verfügbaren Methoden aber noch nicht empfindlich genug sind, werden bei gleicher Fragestellung oft unterschiedliche Ergebnisse gewonnen, die nur schwer miteinander vergleichbar sind", so Hamacher. "Darüber hinaus wird häufig, gerade bei Untersuchungen an humanen Proben, die notwendige Anzahl von Versuchen unterschätzt." Da sich jeder Mensch nicht nur in Bezug auf die Gene, sondern damit auch in Bezug auf die Proteinzusammensetzung unterscheidet, müssen sehr viele Versuchsreihen durchgeführt werden, um nur die Proteine zu finden, die wirklich an einer Krankheit beteiligt sind. Insgesamt sind daher sowohl der Versuchsaufbau als auch die -durchführung von entscheidender Bedeutung.

Originalveröffentlichung: Michael Hamacher, Katrin Marcus, Christian Stephan, Joachim Klose, Young Mok Park, and Helmut E. Meyer: "HUPO Brain Proteome Project: Toward a Code of Conduct."; Mol Cell Proteomics 2008 7: 457.

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