Kleine Ursache - große Wirkung: Forscher gewinnen neue Einblicke in die Wirkungsweise von microRNAs

Fehlen einer microRNA kann die Umwandlung von Blütenblättern zu Staubblättern verursachen

25.06.2007

Wenn die Pflanze eine Blüte bildet, müssen unterschiedliche Organe angelegt werden: die schützenden Kelchblätter, die meist farbigen Blütenblätter sowie die Staubblätter, die den Pollen bilden, und schließlich die Fruchtblätter. Dabei ist ein ganzes Orchester von Genen aktiv. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung in Köln haben nun zusammen mit Kollegen aus Nijmegen herausgefunden, dass die Blütenorganbildung von einem stark konservierten Kontrollmolekül, einer so genannten microRNA, maßgeblich gesteuert wird.

Die Kölner Forscher um Zsuzsanna Schwarz-Sommer untersuchten eine Löwenmäulchen-Mutante genauer, die anstelle der Blütenblätter noch einen Kreis Staubblätter ausbildet. Eine auffallend ähnliche Mutante gibt es auch bei Petunien. "Uns war klar, dass bei diesen beiden Mutanten, bedingt durch einen wahrscheinlich gemeinsamen Gendefekt, die Grundordnung durcheinander geraten war und dass dadurch falsche Organe an der falschen Stelle wuchsen", erläutert die Kölner Forscherin. Ein ähnliches Beispiel ist bei der Fruchtfliege bekannt: So gibt es eine Mutante, die anstelle von zwei Fühlern ein Beinpaar am Kopf trägt.

Die Experimente der deutschen und holländischen Forscher zeigten in der Tat, dass bei beiden Pflanzenarten eine Mutation in ein und demselben Kontrollmolekül für die veränderte Anordnung der Blütenorgane verantwortlich war. Dabei handelt es sich um eine so genannte microRNA. MicroRNAs sind sehr kurze Ribonukleinsäuren aus nur etwas mehr als 20 Nukleotiden. Sie können an die komplementäre Sequenz einer Boten-RNA (mRNA) binden, wodurch die Übersetzung der Boten-RNA in ein Protein verhindert wird; das dazugehörige Gen wird also quasi stumm geschaltet. Durch diese Interaktion beeinflussen microRNAs den Ablauf ganzer Signalketten.

Mutationen in microRNAs sind sehr selten, somit handelt es sich hier um das erste Beispiel für eine vergleichbare Kontrollfunktion einer microRNA in zwei Pflanzenspezies. "Die Erkenntnisse über die neuen Kontrollmechanismen durch die microRNAs müssen in das Modell zur Steuerung der Blütenbildung integriert werden, damit zukünftige mathematische Modellrechnungen für die Simulation der Blütenentwicklung auch korrekte Ergebnisse liefern", betont Schwarz-Sommer den Stellenwert ihrer Arbeiten.

In Lehrbüchern wird die komplizierte Steuerung der Bildung von Blütenorganen mit dem vereinfachten ABC-Modell erklärt. A, B und C stehen dabei für unterschiedliche Entwicklungsfunktionen: Die alleinige Expression von A führt zur Bildung von Kelchblättern, die Kronblätter entstehen durch das Zusammenwirken von A und B und die Staubblätter durch die gleichzeitige Ausprägung von B und C. Die zentralen Karpelle werden allein durch C festgelegt. Eine wesentliche Vorhersage des Modells wurde durch die neuen Arbeiten widerlegt und die statisch/räumliche Regulationsform durch eine zeitlich/dynamische ersetzt.

Originalveröffentlichung: Maria Cartolano, Rosa Castillo, Nadia Efremova, Markus Kuckenberg, Jan Zethof, Tom Gerats, Zsuzsanna Schwarz-Sommer & Michiel Vandenbussche; "A conserved microRNA module exerts homeotic control over Petunia hybrida and Antirrhinum majus floral reproductive organ identity"; Nature Genetics 2007.

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