Viren als Nutznießer des kleinen Grenzverkehrs bei Pflanzenzellen

Deutsch-russisches Wissenschaftlerteam beschreibt erstes Mitglied einer neuen Familie von Pflanzenproteinen, die "sperrige Güter" von Zelle zu Zelle transportieren

30.11.2006

Viren befallen nicht nur Menschen, sondern auch Tomaten, Kartoffeln, Salat oder Äpfel. Sie stören die Vitalfunktionen der befallenen Pflanzen und führen häufig zu starken Ertragsausfällen. Um sich zu vermehren und auszubreiten, nutzen sie die Infrastruktur der Wirtspflanzen aus. Ein deutsch-russisches Wissenschaftlerteam hat nun eine neue Familie von Pflanzeneiweißen entdeckt, die maßgeblich an der Ausbreitung der Viren in den Pflanzen beteiligt sind. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA), der Universität Moskau, der Wissenschaftsakademie Russlands sowie der Universität Rostock kürzlich in ä"Molecular Plant-Microbe Interactions" veröffentlicht.

Das neu entdeckte At-4/1 genannte Protein ist offenbar für den Transport "sperriger Güter" von einer Zelle in die Nachbarzelle verantwortlich. Anders als für niedermolekulare Stoffe erfolgt der Transport etwa von Proteinen über spezielle Kanäle der Zellwand, die Plasmodesmen. Auch Pflanzenviren sind für Zellmaßstäbe große Gebilde. Um sich in der Pflanze auszubreiten, sind sie ebenfalls auf diese "Grenzstationen" der Zellwand angewiesen. Genau hier kommen die neu beschriebenen Transportproteine der Pflanze ins Spiel. "Die Lokalisation des At-4/1 in der Zelle ist hochinteressant. Wir konnten nachweisen, dass es sich zu beiden Seiten der Zellmembran an den Öffnungen der Plasmodesmen anordnet und dort Zwillingsstrukturen ausbildet", erklärt Dr. Joachim Schiemann von der Biologischen Bundesanstalt. Weitere Experimente zeigten, dass sich das pflanzliche Protein mit speziellen Transporteiweißen von Pflanzenviren verbindet. Diese Ergebnisse legen nahe, dass At-4/1 nicht nur eigene "pflanzliche Güter" durch die Plasmodesmen transportieren hilft, sondern auch Viren den Grenzübertritt ermöglicht.

"Die Entdeckung der neuen Proteinfamilie hilft uns, die innerpflanzlichen Transportprozesse von Makromolekülen besser zu verstehen", so Dr. Schiemann. Dabei sei At-4/1 nur eine Frucht der langjährigen Forschungskooperationen mit den russischen Kollegen, betont der Wissenschaftler aus der BBA. Generell geht es ihm und seinen Partnern darum, die Wechselwirkungen zwischen Wirtspflanze und Pflanzenvirus auf molekularer Ebene zu verstehen.

Originalveröffentlichung: "At-4/1, an Interactor of the Tomato spotted wilt virus Movement Protein, belongs to a New Family of Plant proteins Capable of directed intra- and intercellular Trafficking"; Molecular Plant-Microbe Interactions (MPMI) 2006, Vol. 19 Nr. 8, S. 874-883.

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