EU-Zulassung für Krebsmedikament krönt Grundlagenforschung der Max-Planck-Gesellschaft

21.08.2006

Nach den USA hat jetzt auch die EU das Krebsmedikament SUTENT® zugelassen, dessen neuartiges Wirkprinzip in den 1990er Jahren von Max-Planck-Wissenschaftlern um Herrn Prof. Axel Ullrich entdeckt wurde. Die dazugehörigen Patente wurden von Garching Innovation GmbH, der Technologie-Transfer-Organisation der Max-Planck-Gesellschaft, lizenziert. Ende Juli hat die EU-Kommission SUTENT® in Europa zur Behandlung von zwei Krebsarten zugelassen - dem fortgeschrittenen und/oder metastasierendem Nierenzellkarzinom sowie bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST, eine seltene Form von bösartigen Weichteiltumoren des Verdauungstraktes) nach Versagen oder Unverträglichkeit der Standardtherapie. Nachdem Sutent® bereits im Januar von der US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassen wurde, wird das Präparat in den kommenden Tagen nunmehr auch in Deutschland erhältlich sein.

SUTENT® beruht auf Forschungsarbeiten von Max-Planck-Wissenschaftlern: Der Krebsforscher Professor Axel Ullrich, Direktor am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in Martinsried bei München, hatte zu Beginn der 1990er Jahre mit seinen Kollegen nachgewiesen, dass Tumorgewebe im Wachstum gehemmt und reduziert wird, wenn man die Bildung von Blutgefäßen hemmt, die die Tumorzellen mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen. Dazu musste der Wachstumsfaktor VEGF, der verstärkt von Tumorzellen gebildet wird und die Bildung von Blutgefäßen fördert, blockiert werden. Axel Ullrich und seine damalige Doktorandin Birgit Millauer entdeckten gemeinsam mit Werner Risau im benachbarten MPI für Neurobiologie, dass das Ausschalten eines spezifischen Rezeptors für VEGF - Flk-1/VEGFR2 genannt - zur Unterdrückung der Neubildung von Blutgefäßen und damit zur Hemmung des Tumorwachstums führt. Diese Entdeckung war der Beginn für die Entwicklung so genannter Anti-Angiogenese-Medikamente.

Der VEGF-Rezeptor gehört zu den Rezeptor-Tyrosinkinasen, einer Klasse von Proteinen, die durch die Zellmembran von außen nach innen reichen. Sie wirken wie ein Schalter, der durch das Andocken von spezifischen Wachstumsfaktoren umgelegt werden kann. Die Veränderung durch die Wechselwirkung mit dem Wachstumsfaktor löst dann in Innern der Zelle über eine komplexe Signalkaskade Änderungen des Stoffwechsels und der Genaktivität aus. Tyrosinkinasen und ihre nachgeschalteten Signalkaskaden sorgen z. B. dafür, dass sich während der Entwicklung von Organismen die verschiedenen Gewebe - Blutgefäße, Nervengewebe, Bindegewebe usw. - ausbilden. Bei Krebserkrankungen sind sie häufig gestört oder werden vom Tumor aktiviert, um das eigene Wachstum zu beschleunigen und zu steuern.

Know-how und Patente, die VEGF, Flk-1 und zahlreiche andere Tyrosinkinasen betrafen, wurden damals von der Max-Planck-Gesellschaft an die von Ullrich 1991 gemeinsam mit der MPG und der New York University gegründete Firma SUGEN Inc. lizenziert - die erste Ausgründung eines Biotechnologie-Unternehmens aus der Max-Planck-Gesellschaft.

SUGEN Inc. entwickelte dann chemische Substanzen, die u.a. den Rezeptor Flk-1/VEGFR2 auf Endothelzellen blockieren. Da die SUGEN Inc. 1999 von Pharmacia übernommen wurde und diese 2003 von Pfizer gekauft wurde, wurden die Wirkstoffentwicklungen bei Pfizer weiterverfolgt. Das jetzt für den europäischen Markt zugelassene SUTENT® (Wirkstoffname Sunitinib) ist ein multi-spezifischer Tyrosinkinase-Hemmer, der nicht nur die Bildung von Blutgefäßen in Tumoren, sondern noch weitere krankheitsrelevante Proteine im Signalnetzwerk der Tumorzellen hemmt.

Die EU-Kommission hat mit SUTENT® erstmalig einem Arzneimittel eine Zulassung unter besonderen Bedingungen erteilt. Die Zulassung zur Behandlung von fortgeschrittenem Nierenkrebs erfolgte auf der Grundlage von vergleichsweise frühen Daten der klinischen Entwicklung, um dem hohen Bedarf an neuen Therapieoptionen bei dieser Erkrankung Rechnung zu tragen, bis weitere Daten vorliegen. Hierzu werden Daten einer Phase-III-Studie von Pfizer im August 2006 bei der EU eingereicht.

SUTENT® wird derzeit in weiteren klinischen Studien an Patienten mit Brustkrebs, Lungenkrebs, Darmkrebs, Prostatakrebs und zahlreichen anderen Krebsarten getestet.. Die Studien befinden sich in verschiedenen Phasen der klinischen Prüfung (Phase I bis III) und werden meist in Kombination mit anderen Therapeutika durchgeführt.

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