Wann Bilder im Kopf zu Wörtern werden
Erforscht: Wie wir uns Gesehenes merken
Man geht davon aus, dass wir, um etwas in unserem Arbeitsgedächtnis zu speichern, es ständig wiederholen, um dem Vergessen entgegenzuwirken. Für diesen Prozess nutzen Wissenschaftler den Begriff des "Rehearsals", der Wiederholung. Wie aber können Bilder wiederholt werden? "Bisher ging man davon aus, dass Bilder zur Speicherung in ihren phonologischen Code, d.h. in Worte umgewandelt werden", erklärt Dr. Boris Suchan. "Wenn das so wäre, müsste es Versuchspersonen leichter fallen, Bilder zu erinnern, die sie zu einem späteren Zeitpunkt mit gesprochenen Worten vergleichen müssten, da sie der Modalität des Speicherungscodes eher entsprechen als das ursprüngliche Bild", folgert der Neurowissenschaftler.
Auf der Basis dieser Annahme entwickelte er einen speziellen Gedächtnistest, bei dem er Versuchspersonen im Wechsel Bilder von Gegenständen und vorgesprochene Wörter darbot, die die Gegenstände repräsentierten. Die Versuchspersonen mussten sich einen Gegenstand merken und ihn dann unter den angebotenen Bildern oder Wörtern wieder erkennen. "In einigen Fällen war es so, dass die Gegenstände als Bild gezeigt, später aber als gesprochenes Wort abgefragt wurden oder umgekehrt", erläutert Suchan. Während des gesamten Tests beobachteten die Forscher die Gehirnaktivität der Versuchspersonen mit der funktionellen Kernspintomografie.
So konnten sie zeigen, dass die Umwandlung des Bildes in das dazugehörige Wort entgegen bisheriger Annahmen erst dann passiert, wenn ein Bild mit einem gesprochenen Wort, das dem Bildinhalt entspricht, verglichen wird. Diese Umwandlung passiert im auditorischen Kortex, der Hirnregion, die hauptsächlich für die Verarbeitung gehörter Informationen zuständig ist. "Interessanterweise sind ähnliche Phänomene auch bei Menschen aufgezeigt worden, die Worte von den Lippen lesen", so Dr. Suchan. "Sie nehmen die sich bewegenden Lippen bildhaft wahr und formen das so gesehene dann in Wörter um." Weitere Hirnregionen, die an der Speicherung beteiligt sind, sind der präfrontale Kortex, ein Teil der Großhirnrinde direkt hinter der Stirn, und die primär gedächtnisrelevanten Hirngebiete Hippokampus und Thalamus.
Originalveröffentlichung: B. Suchan, B. Linnewerth, O. Köster, I. Daum, G. Schmid; "Cross-modal processing in auditory and visual working memory."; NeuroImage 2005.
Meistgelesene News
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.