Strukturforschung an der Interaktion von SWI2/SNF2 mit der DNA

20.04.2005

DNA wird oft in seiner strukturell genau definierten Form als Chromosomen dargestellt. Tatsächlich liegt das fadenförmige Molekül aber nur vor und während der Zellteilung in dieser Gestalt vor. Meist füllt die DNA den Zellkern als Chromatin, eine amorphe Masse, in der das Erbmolekül dennoch hoch strukturiert und eng mit verschiedenen Proteinen assoziiert vorliegt. So wickelt sich das fadenförmige Erbmolekül um so genannte Histonproteine und bildet mit diesen größere Untereinheiten, die Nukleosomen. Lange war unklar, wie die Transkriptionsfaktoren, die die Abschrift der Gene vornehmen, an die DNA binden können. Dann konnte gezeigt werden, dass bestimmte Proteinfaktoren, unter anderem SWI2/SNF2, den Zugang zum Erbmolekül erleichtern können.

"SWI2/SNF2 ist ein Typ von Enzym, das in mehreren Multiproteinkomplexen vorkommt", berichtet Professor Karl-Peter Hopfner vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Die molekularen Maschinen mit der "Motordomäne" SWI2/SNF2 können die Chromatinstruktur verändern, indem sie Nukleosomen verschieben oder Histone austauschen. Sie sind aber auch an anderen Strukturveränderungen des Erbmoleküls und seiner assoziierten Proteine beteiligt. Sie können beispielsweise auf der DNA festsitzende Proteine wieder entfernen.

Es war bereits bekannt, dass SWI2/SNF2 die Interaktion von DNA und Histonen stören kann. Ebenfalls gezeigt wurde, dass nach einer derartigen Destabilisierung die Bindung von Transkriptionsfaktoren an die DNA zunimmt. Der zugrunde liegende Mechanismus war lange allerdings nur schlecht verstanden. Hopfners Team gelang die Bestimmung der Kristallstruktur der katalytischen Domäne - mit und auch ohne DNA. "Unsere Strukturen zeigen, dass die SWI2/SNF2-Enzyme molekulare Motoren sind, die unter Energieverbrauch an der so genannten kleinen Furche, also einer Seite der DNA, entlanglaufen", erläutert Hopfner. "Diese Aktivität erzeugt vermutlich ein "Drehmoment", das die DNA und mit ihr assoziierte Proteine trennt. Am besten ist das so zu erklären, dass der DNA-Protein-Komplex an einer Stelle festgehalten wird, während die DNA an anderer Stelle gedreht und geschoben wird."

Von Bedeutung könnte Hopfners Arbeit aus medizinischer Sicht sein. So gibt es mehrere Erkrankungen, die auf Defekten im SWI2/SNF2-Enzym beruhen. Ein Beispiel ist das Cockayne-Syndrom, das zu fortschreitender Neurodegeneration, Kleinwüchsigkeit, Lichtsensitivität und Entwicklungsstörungen führt. "Unsere Kristallstruktur zeigt, dass sich die Mutationen bei diesen Leiden auf die Oberflächenbereiche der energieumsetzenden Domäne des Enzyms auswirken", so Hopfner. "Vermutlich wird so die Funktion wichtiger Protein-Protein-Interaktionen zerstört."

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