Das „Gaspedal“ molekularer Motoren
Was Peroxisomen zum Schadstoffabbau antreibt
Peroxisomen sind lebenswichtige Zellbestandteile, die Zellgifte und langkettige Fettsäuren abbauen. Fehlfunktionen führen zu schweren, oft tödlichen Erkrankungen. Die genauen Arbeitsabläufe der Peroxisomen untersuchen RUB-Forscher seit 25 Jahren. Jetzt ist es ihnen in Zusammenarbeit mit Dortmunder Kollegen des ISAS (Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften) gelungen, das „molekulare Gaspedal“ zu identifizieren, das die Arbeitsabläufe der Peroxisomen aktiviert. Überraschenderweise ist es ein alter Bekannter: ein bestimmtes Modul des bekannten Proteins Pex22p, das bisher lediglich für ein Ankerprotein gehalten wurde. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in PloS One.
Entscheidend: Der Import von Enzymen ins Peroxisom
Peroxisomen sind von zentraler Bedeutung für den enzymatischen Abbau von langkettigen Fettsäuren und Zellgiften. Damit sie diese Aufgabe wahrnehmen können, müssen sie zunächst die entsprechenden Enzyme in ihr Inneres importieren. Den Großteil bringt der Importrezeptor Pex5p ins Peroxisom. Dieser Rezeptor wiederum wird durch das Protein Ubiquitin (Ub) reguliert: Die Modifikation des Rezeptors mit einem Ub-Molekül ermöglicht den Eintritt in eine neue Import-Reaktion für weitere ins Peroxisom zu transportierende Enzyme.
Als Anker verkannt
In vorangegangen Arbeiten konnten das Team um Jun.-Prof. Harald Platta, Dr. Fouzi El Magraoui und Prof. Ralf Erdmann bereits die grundlegende Zusammensetzung der peroxisomalen Ub-Maschinerie bestimmen. Sie identifizierten sechs dazugehörige Proteine und teilten sie in drei funktionell verschiedene Gruppen ein. „Uns blieb aber unklar, wie diese molekulare Maschinerie aktiviert beziehungsweise ihre Aktivität verstärkt wird“, erklärt Harald Platta. In der aktuellen Studie gelang den Forschern die Identifizierung des Bausteins, dem diese zentrale Aufgabe zukommt. „Überraschenderweise handelt es sich dabei nicht um ein bisher unbekanntes Protein, sondern um den Bestandteil eins bekannten Proteins, des schon identifizierten Pex22p“, so Platta. „Bisher hatten wir angenommen, dass Pex22p lediglich als Ankerprotein fungiert und durch die Bindung des löslichen Pex4p an die Membran der Peroxisomen dessen Funktion indirekt unterstützt.“
Forschung nach dem Baukastenprinzip
Um herauszufinden, welche Bestandteile eine Bedeutung haben, setzten die Forscher sie nach dem Baukastenprinzip mittels genetischer Fusionen in verschiedenen Kombinationen zusammen. Dabei stellte sich heraus, dass der Membranankeranteil des Pex22p völlig unwichtig war, solange das lösliche Pex4p an den in der Zelle funktionell nicht beteiligten Membranankeranteil des Pex3p an das Peroxisom gebunden wird. Diese Kombination zeigt eine geringe Ub-Aktivität, die zu klein ist, um genug Import-Rezeptoren zu modifizieren und den Import von Enzymen in das Peroxisom anzutreiben. Erst wenn Pex22(C) zusätzlich hinzugefügt wird, steigt die Ub-Aktivität und ermöglicht, dass genügend Enzyme ins Peroxisom importiert werden um die Funktionalität des Peroxisoms zu gewährleisten.
Nicht nur nach Neuem suchen, sondern auch Bekanntes neu betrachten
Die Entdeckung dieses „Gaspedals“ der peroxisomalen Ub- und – damit gekoppelt – der Importmaschinerie, hat nicht nur Bedeutung für das Verständnis peroxisomaler Erkrankungen wie des Zellweger-Syndroms. „Es zeigt auch, dass ganz allgemein in biochemischen Systemen einige zentrale Proteine gleich mehrere wichtige Aufgaben erfüllen können“, erklärt Harald Platta. „Bei der Analyse der molekularen Grundlage verschiedener biochemisch definierter Erkrankungen wird es künftig ganz allgemein von Bedeutung sein, fehlende Aktivitäten eines Systems nicht nur durch die Suche nach neuen, unbekannten Proteinen identifizieren zu wollen. Unsere Studie zeigt grundsätzlich, dass eine solche fehlende Funktion vielleicht schon in einem bereits bekannten Protein ‚versteckt‘ sein kann.“
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