Mehr Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen

Auswertung von 2 Millionen Datensätzen ermöglicht realitätsnahe Prognosen bis 2030

31.01.2013 - Deutschland

Die Einwohnerzahl sinkt, das Durchschnittsalter steigt. Welche Folgen hat das für die Gesundheitswirtschaft? Den objektiven Einfluss des demografischen Wandels auf die stationäre medizinische Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern untersucht eine Dissertation an der Universitätsmedizin Rostock. Die Einwohnerzahl wird in unserem Bundesland von 1,7 Mio. im Jahr 2009 nach verschiedenen Vorhersagen auf 1,45 bis 1,52 sinken. Größte Bevölkerungsgruppe werden dann die 60- bis 80-Jährigen sein, heute sind es noch die 40- bis 60-Jährigen. Welche Folgen hat das für die verschiedenen medizinischen Fachrichtungen? Wo steigt der Bedarf, wo sinkt er? Und steigt oder sinkt der Versorgungsbedarf insgesamt?

Der Humanmediziner Dr. Sebastian Fenger analysierte in seiner Arbeit "Untersuchungen zur Veränderung des Morbiditätsspektrums einer alternden Bevölkerung am Beispiel des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern" die Gesamtzahl an stationären Fällen des nordöstlichen Bundeslandes der Jahre 2005 bis 2009 (ca. 2 Mio. Fälle), um auf dieser Basis Prognosen bis zum Jahr 2030 zu erstellen, aber auch um das zu erwartende Morbiditätsspektrum abzubilden. Die anonymisierten Patientendaten stellte das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales zur Verfügung. Die Prognosen beruhen also nicht nur auf repräsentativen Erhebungen, jeder stationäre Aufenthalt wurde unter die Lupe genommen. Das ist neu. "Die Doktorarbeit baut auf ein Versorgungsforschungsprojekt auf, das im Jahr 2005 in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer begonnen wurde. Sie soll einen Beitrag leisten, um das Gesundheitswesen auf die bevorstehenden Aufgaben vorzubereiten", sagt Dr. Fenger. "Untersuchungsgegenstand war ausschließlich der Einfluss des demografischen Wandels. Damit wurden Prognosen geschaffen, die nicht durch subjektive Eindrücke oder Vermutungen von Fachgesellschaften beeinflusst wurden", ergänzt er.

Von 2005 bis 2009 wurden Fallzahlen, Belegungstage und Verweildauer im Krankenhaus in allen Altersgruppen für alle Fachabteilungen analysiert. Daraus wurden Prognosen bis 2030 entwickelt.  Im Beobachtungszeitraum zeigten sich bereits deutliche Zuwächse einzelner Erkrankungen wie z. B. der Herzinsuffizienz (häufigste stationäre Diagnose im Land) von 7.000 Fällen im Jahr 2005 auf über 10.000 im Jahr 2009. Bis 2030 ist ohne Intervention davon auszugehen, dass sich die Zahl noch einmal fast verdoppeln wird. Andere Erkrankungen wie z. B. Herzinfarkte und hypertensive Herzkrankheiten waren erfreulicherweise rückläufig.

Wichtiges Ergebnis der Arbeit: Der demografische Wandel lässt insgesamt einen weiteren Anstieg der Fallzahlen, der Belegungstage und der mittleren Verweildauer erwarten. "Wir haben festgestellt, dass sich die Zunahme der über 60-Jährigen mit ihrem höheren Bedarf an medizinischer Versorgung nicht durch die rückläufige Zahl der unter 60-Jährigen kompensieren lässt", fasst Dr. Fenger zusammen.

In der Inneren Medizin werden zum Beispiel 25 Prozent mehr Fälle, in der Allgemeinchirurgie und der Neurologie 10 Prozent mehr Fälle erwartet. Auch in Orthopädie und Augenheilkunde wurden steigende Zahlen ermittelt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gewebeneubildungen, Knochenbrüche, künstliche Gelenke, Schlaganfälle - das sind die häufigsten Behandlungsfälle bei Älteren. In der Kinderheilkunde, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie HNO-Heilkunde werden die absoluten Zahlen laut Prognosen deutlich sinken.

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