Neues EU-Projekt zu Diagnose und Therapie für seltene Erkrankungen

08.11.2012 - Deutschland

12 Millionen Euro stehen dem Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik der Universität Tübingen und seinen 18 Partnern aus acht europäischen Ländern, den USA und Australien ab Oktober 2012 für die kommenden fünf Jahre zur Verfügung, um auf dem Gebiet der Erforschung seltener Erkrankungen Maßstäbe zu setzen. Das Projekt Neuromics, das vom Institutsdirektor Professor Olaf Riess koordiniert wird, konzentriert sich dabei auf die seltenen neurodegenerativen und neuromuskulären Erkrankungen. Etwa 500.000 Patienten sind in Europa von diesen Erkrankungen betroffen.

Das Neuromics Konsortium, dem sowohl führende akademische Institute als auch privatwirtschaftliche Unternehmen angehören, setzt insbesondere auf modernste Technologien, um die Diagnostik zu revolutionieren und um Therapien zu entwickeln, die auf Krankheitsmechanismen beruhen. Für zehn Erkrankungen bzw. Erkrankungsgruppen wie Ataxie, spastische Paraplegie, Morbus Huntington, Muskeldystrophie oder spinale Muskelatrophie will Neuromics Ergebnisse erreichen, die sofort in der Klinik angewendet werden können und somit einen unmittelbaren Nutzen für die Patienten schaffen.

Professor Olaf Rieß erklärt: „Im Mittelpunkt der Arbeit unseres Institutes stehen insbesondere die seltenen neurologischen Erkrankungen. Insofern freut es uns sehr, dass wir mit unserem Projekt die Gutachter überzeugen konnten. Die kommenden fünf Jahre bieten für die diagnostische und therapeutische Erforschung der seltenen neurodegenerativen und neuromuskulären Erkrankungen die einmalige Chance, für die Mehrzahl der Erkrankungen eine Diagnostik zu etablieren und für einige eine Therapie zu entwickeln.“

Auf der grundlegenden Verbesserung der Diagnostik dieser seltenen Erkrankungen liegt ein Hauptaugenmerk des Projektes. Aufgrund modernster Sequenziertechnologien besteht neuerdings die Möglichkeit, eine Vielzahl von Genen bzw. Genabschnitten gleichzeitig zu untersuchen. Sowohl das Finden von bereits bekannten genetischen Veränderungen als auch das Finden von neuen Veränderungen wird dadurch deutlich einfacher, schneller und preiswerter. Für die seltenen neurodegenerativen und neuromuskulären Erkrankungen bedeutet das, dass die Diagnostik, die bisher oft der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen glich, mit Neuromics in der Lage sein wird, den Heuhaufen in seinen einzelnen Bestandteilen auf einmal zu untersuchen.

Für die Erkrankungsgruppen der Ataxien und der spastischen Spinalparaplegien haben das Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik (Professor Olaf Riess, Professor Peter Bauer) und das Zentrum für Neurologie (Professor Ludger Schöls) der Universität Tübingen bereits wichtige Vorarbeiten für Neuromics geleistet. Für beide Erkrankungsgruppen wurden sogenannte diagnostische Panel entwickelt, um jeweils mehr als 50 Gene parallel auf krank machende Veränderungen untersuchen zu können. Für einige Patienten kann die Erfassung der genetischen Grundlage der Erkrankung durchaus therapeutische Relevanz haben; für alle Patienten bedeutet es das Ende einer langen Odyssee der Suche nach der Ursache der Erkrankung und hat in jedem Falle auch eine große Bedeutung für weitere Familienangehörige.

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