Leberzirrhose: Neue Therapien können Komplikationen vermeiden

18.08.2010 - Deutschland

In Deutschland werden jedes Jahr mehr als 20.000 Menschen wegen einer Leberzirrhose im Krankenhaus behandelt. Sie ist derzeit nicht durch Medikamente heilbar. Doch ein kleines Metallröhrchen in der Leber und ein Antibiotikum, das Darmbakterien abtötet, können die Patienten vor schweren Komplikationen wie etwa innere Blutungen und Gehirnschäden schützen. Das haben zwei neue Studien gezeigt, deren Ergebnisse auf dem Kongress Viszeralmedizin 2010 vorgestellt und diskutiert werden.

Die häufigsten Ursachen einer Leberzirrhose sind eine Virusinfektion der Leber, die sogenannte Hepatitis, eine Fettleberhepatitis oder eine langjährige Alkoholschädigung. Jede Form von chronischer Lebererkrankung zerstört die Leberzellen, die der Körper durch Narbengewebe ersetzt. Das behindert den Blutfluss durch die Leber. Der Körper leitet das Blut dann an der Leber vorbei. Eine Umgehung erfolgt über Venen in der unteren Speiseröhre. Hier bilden sich Krampfadern, die Ösophagusvarizen, die platzen können. Diese Blutungen sind eine häufige Todesursache bei der Leberzirrhose.

Ein Ausweg besteht darin, einen künstlichen Tunnel durch die Leber anzulegen. Das Verfahren wird in der Fachsprache TIPS („transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt“) genannt. Eine offene Operation ist dafür nicht erforderlich. Mit Hilfe eines Gefäßkatheters schaffen Ärzte in der Leber eine künstliche Verbindung zwischen Pfortader und Lebervene. Ein kleines Metallröhrchen, der Stent, hält die Verbindung offen, durch die das Blut fließen kann.

Früher wurde TIPS nur im Notfall durchgeführt, wenn eine Ösophagusvarizenblutung anders nicht zu stoppen war. Eine Studie, die in Leipzig und acht weiteren europäischen Zentren durchgeführt wurde, hat jetzt aber gezeigt, dass TIPS viel früher angewandt werden sollte. „Ein günstiger Zeitpunkt scheint nach einer ersten erfolgreichen Blutstillung zu sein“, erläutert Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Medizinischen Klinik III, Gastroenterologie und Stoffwechselkrankheiten in Aachen. Wurden die Patienten zeitnah mit einem TIPS versorgt, verbesserte dies ihre mittelfristigen Überlebenschancen deutlich. Die Patienten mussten in der Folge auch seltener in der Klinik behandelt werden.

TIPS beseitigt aber nicht alle Folgen der Leberzirrhose. Eine weitere Folge des gestörten Blutflusses durch die Leber ist die verminderte Entgiftung. Früher oder später kommt es dadurch zu einer Erkrankung des Gehirns, der hepatischen Enzephalopathie, mit schweren Schäden an Psyche und Denkfähigkeit. Typisch sind auch Bewegungsstörungen, beispielsweise ein heftiges Zittern der Hände. Zu den bedeutendsten Giften gehört Ammoniak. Es wird von Darmbakterien gebildet und über die Schleimhaut ins Blut aufgenommen. Seit längerem wird versucht, die Beschwerden durch Zurückdrängen der Bakterien zu lindern. Dies ist anfangs durch die Einnahme von Lactulose möglich, einem künstlichen Zucker. Doch viele Patienten vertragen Lactulose nicht. Eine Alternative ist die Behandlung mit dem Antibiotikum Rifaximin, das die Ammoniak-bildenden Bakterien beseitigt. In einer aktuellen klinischen Studie hat es ein erneutes Auftreten der hepatischen Enzephalopathie verhindert.

„Ein Fortschreiten der Lebererkrankung können weder TIPS noch Rifaximin verhindern. Für die Patienten bedeuten die beiden Therapien jedoch eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität“, betont Trautwein. Wie Patienten mit Leberzirrhose optimal versorgt und Folgeerkrankungen frühzeitig vermieden werden können, ist eines der Themen des Kongresses Viszeralmedizin 2010.

Originalveröffentlichungen: García-Pagán JC et al.; "Early use of TIPS in patients with cirrhosis and variceal bleeding"; N Engl J Med. 2010; 362 (25): 2370-9

Bass NM et al.; "Rifaximin treatment in hepatic encephalopathy"; N Engl J Med. 2010; 362 (12): 1071-81

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