Wissenschaftler am Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen haben erstmals einen bisher unbekannten Mechanismus im Herzen von Patienten mit
Vorhofflimmern, einer Form von Herzrhythmusstörung, erforscht und beschrieben. Die Forschergruppe aus Kardiologen und Herzchirurgen unter der Leitung von Prof. Dr. Lars S. Maier, Oberarzt in der Abteilung
Kardiologie und
Pneumologie (Direktor: Prof. Dr. Gerd Hasenfuß) fand heraus, dass auch die
Natrium-Kanäle des Herzens von Bedeutung sind, wenn Patienten an Vorhofflimmern erkranken.
Natrium-Kanäle beeinflussen entscheidend die elektrische Aktivität des Herzmuskels. Sie dienen quasi als „Taktgeber“ für die normale elektrische Erregung des Herzens. Entscheidend für einen gesunden Takt ist eine eng aufeinander abgestimmte Menge an frühem und spätem Natrium-Einstrom. „Anders als bei gesunden Menschen fanden wir bei Vorhofflimmer-Patienten den späten Natri-um-Einstrom in die
Herzmuskelzellen deutlich verstärkt“, sagt Prof. Maier. „Normal und gesund ist ein später Natrium-Einstrom von etwa ein Prozent im Vergleich zum frühen Natrium-Einstrom. Bei Vorhofflimmer-Patienten haben wir Werte für den späten Natrium-Einstrom gemessen, die rund 25 Prozent höher lagen.“
Mit Hilfe eines spezifischen Hemmstoffes konnten die Wissenschaftler diesen gestörten späten Natrium-Einstrom in isolierten Herzmuskelzellen vermindern. „Wir hoffen, mit dieser Erkenntnis den Patienten in Zukunft gezielter helfen zu können“, sagt Prof. Maier: „Zudem könnte der Hemmstoff die Pumpfunktion des Herzens bei
Herzschwäche verbessern. Denn wir wissen mittlerweile, dass der vermehrte späte Natrium-Einstrom auch in den Herzkammern bei Patienten mit Herzschwäche (
Herzinsuffizienz) zu finden ist.“
Als Ursache für Vorhofflimmern und Herzschwäche war bisher nur der gestörte Kalzium-
Stoffwechsel bekannt. Der jetzt beschriebene vermehrte späte Einstrom von Natriumionen in den Herzmuskel könnte auch erklären, warum Patienten mit Herzschwäche häufiger unter dieser
Art von Herzrhythmusstörung leiden. Dazu untersuchten die UMG-Wissenschaftler Herzmuskelzellen von Patienten mit Vorhofflimmern im Labor.
„Wir erhoffen uns von diesen Untersuchungen weitere Erkenntnisse für neue Behandlungsansätze. Unsere aktuellen klinischen Studien helfen uns dabei, weitere Verbesserungen für die Behandlung zu erhalten“, sagt Prof. Hasenfuß, Mitautor und Direktor der Abteilung
Kardiologie und
Pneumologie. Das Forschungsprojekt wurde wesentlich durch das Heisenberg-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und die DFG-Klinische-Forschergruppe-155 gefördert.
Originalveröffentlichung: Sossalla et al.; "Altered Na+ Currents in Atrial Fibrilla-tion: Effects of Ranolazine on Arrhythmias and Contractility in Human Atrial Myo-cardium"; J Am Coll Cardiol. 55:2330-42.2010