CO2-Highspeed-Speicher in Bakterien entdeckt

25.07.2022 - Schweiz

Die sich stetig verschärfende Klimakrise durch die Ansammlung von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre macht die Suche nach Möglichkeiten zur CO2-Speicherung äusserst wichtig. Das Team von Prof. Ben Engel am Biozentrum der Universität Basel hat nun gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Frankfurt und Marburg die Struktur eines Enzyms entschlüsselt, das einen solch neuen Weg zur CO2-Speicherung aufzeigt.

Verena Resch/luminous-lab.com

Die Filamente des Enzyms HDCR, das aus gasförmigem Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) Ameisensäure herstellt, sind wie ein Zopf umeinander gebunden.

Das aussergewöhnliche Enzym HDCR stellt aus gasförmigem Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) Ameisensäure her, entzieht damit der Umwelt CO2 und speichert es in der Zelle. Dabei überträgt HDCR Elektronen vom Wasserstoff auf das CO2. Es ist damit das erste bekannte Enzym, das Wasserstoff direkt als Elektronenquelle zur CO2-Speicherung nutzen kann. Das Enzym HDCR wurde im wärmeliebenden Bakterium Thermoanaerobacter kivui entdeckt, das ursprünglich 1981 im Kivusee in Zentralafrika gefunden wurde. Es lebt in sauerstoffarmen Umgebungen wie der Tiefsee. Den Forschungsteams der Universitäten Basel, Frankfurt (Prof. Volker Müller) und Marburg (Prof. Jan Schuller) ist es nun gelungen, die Struktur von HDCR aufzuklären. Die Resultate wurden nun in Nature veröffentlicht.

Katalysator in Highspeed

Das Enzym HDCR setzt sich aus langen Filamenten zusammen. Diese fadenförmige Struktur wirkt wie ein elektronenleitender «Nanodraht» und ist offenbar für die äusserst effizienten Umwandlungsraten der beiden Gase verantwortlich. «Diese Struktur des Enzyms macht die Highspeed-CO2-Bindung möglich», erklärt Dr. Ricardo Righetto, einer der Erstautoren der Studie am Biozentrum der Universität Basel. Die Forschenden fanden heraus, dass in diesem Enzym die chemische Reaktion effizienter durchgeführt wird, als in allen bisher bekannten chemischen Katalysatoren.

Die Forschenden wendeten komplementäre elektronenmikroskopische Ansätze an, um genauer zu verstehen, wie HDCR funktioniert. Mit der Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) untersuchten sie die gereinigten Filamente, konnten so die atomaren Strukturen des Enzyms bestimmen und die Filamente sichtbar machen. Diese zeigten, dass der «Nanodraht» Tausende Elektronen-leitenden Eisen- und Schwefelatomen enthält, die eine effiziente Übertragung von Elektronen von Wasserstoff zu CO2 ermöglichen. Die Wissenschaftler glauben, dass der «Nanodraht» die Elektronen aus Wasserstoff auch speichern kann, auch wenn nur eine Wasserstoffblase an den Bakterien vorbeizieht.

Anschliessend führten sie eine Tomographie an gefrorenen Zellschnitten durch, um HDCR in den T. Kivui-Zellen sichtbar zu machen. Diese innovative Technik zeigte, dass die Filamente wie Metallkabel mehrfach um sich selbst ineinander gedreht sind», so Righetto. «Diese Superstrukturen sehen aus wie kreisförmige Portale auf der Membran. Diese Anordnung könnte wichtig sein, um die Effizienz des Enzyms zu erhöhen, damit die Bakterien unter solch extremen Bedingungen Energie gewinnen.»

Neue Möglichkeit zur CO2-Speicherung

Die sich stetig verschärfende Klimakrise durch die zunehmende Ansammlung von CO2 in der Atmosphäre macht die Entwicklung neuer Ideen zur Absonderung und Speicherung von CO2 unumgänglich. «Die in HDCR gefundenen Strukturen zeigen uns neue Weg auf, um CO2 effizient zu speichern und Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen», sagt Prof. Ben Engel, Forschungsgruppenleiter am Biozentrum, Universität Basel. Insbesondere für biotechnologische Ansätze könnten sich das als äusserst wertvoll erweisen. «Gleichzeitig verdeutlichen die Ergebnisse die Bedeutung wissenschaftlicher Grundlagenforschung, die die Biologie verschiedener Organismen erforscht. Denn die Natur steckt voller erstaunlicher Überraschungen!»

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