Ein Spray gegen Lungenschäden bei Corona

Start-up entwickelt ein RNA-basiertes Medikament

18.01.2022 - Deutschland

rnatics, ein Start-up der Technischen Universität München (TUM), hat einen RNA-basierten Wirkstoff entwickelt, um entzündliche Lungenschäden zu verhindern. Diese treten besonders bei schweren Corona-Verläufen auf. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) unterstützt die weitere Entwicklung des Medikaments mit rund 7 Millionen Euro. Das rnatics-Team setzt dabei auf eine Substanz, die entzündungsfördernde microRNA blockiert.

Andreas Heddergott / TUM

Prof. Stefan Engelhardt entwickelt mit seinem Start-up rnatics ein RNA-basiertes Medikament, das Lungenschäden bei Corona-Erkrankungen verhindern soll.

Schwere Lungenentzündungen und Vernarbungen des Lungengewebes (Fibrosen), sind eine der möglichen Folge von Covid-19-Erkrankungen. Sie können die Lungenfunktion langfristig einschränken und sind eine der Ursachen für das Phänomen „Long Covid“. Ein Team um Stefan Engelhardt, Professor für Pharmakologie und Toxikologie an der TUM, hat einen neuen RNA-Wirkstoff entwickelt, mit dem sich diese entzündlichen Lungenschäden verhindern lassen. Wenn er über die Atemwege verabreicht wird, bindet dieser Stoff schnell und gezielt an Immunzellen der Lungenbläschen und hemmt dort ein bestimmtes microRNA-Molekül.

Bei einer Corona-Erkrankung tragen fehlgeleitete Immunzellen, genauer: Makrophagen, wesentlich zur Bildung von übersteigerten Entzündungen und Lungenschädigung bei. Wurde jedoch durch den neuen Wirkstoff das microRNA-Molekül gezielt in Makrophagen blockiert, traten bei Mäusen deutlich weniger Entzündung und Lungenschädigung auf, die Lungenfunktion verbesserte sich deutlich. Stefan Engelhardt ist zuversichtlich, dass auch bei Menschen, die den Wirkstoff über einen Inhalator einatmen, schwerwiegende Entzündungen und damit letztlich Lungenschäden bei Long Covid verhindert werden können.

Erstes Medikament seiner Wirkstoffklasse

Ausgehend von dem Wirkstoff RCS-21, einem sogenannten zuckergekoppelten Oligonukleotid-Inhibitor, entwickeln Engelhardt und seine Partner jetzt ein Medikament für die Behandlung von Covid-19-Erkrankungen. Das RNA-Medikament wäre das erste seiner Wirkstoffklasse, das gezielt in Makrophagen aufgenommen wird. „Dadurch, dass es nicht das Virus, sondern die Immunzellen beeinflusst, sollte RCS-21 auch bei Erkrankungen durch Omicron oder zukünftige, aggressivere Virusvarianten wirksam sein“, sagt Deepak Ramanujam, Miterfinder und Gruppenleiter am Institut für Pharmakologie und Toxikologie. Ein weltweites Patentierungsverfahren läuft. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) wird die klinischen Tests für das Medikament als Teil der „Richtlinie zur Förderung von Forschung und Entwicklung dringend benötigter Therapeutika gegen SARS-CoV-2“ mit rund 7 Millionen Euro fördern.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat in einem sogenannten Advice-Meeting eine positive Einschätzung für den Wirkstoff RCS-21 ausgesprochen – eine wichtige Bedingung für die abschließende Entwicklung eines Medikaments. „Wir gehen davon aus, dass wir die präklinische toxikologische Bewertung im dritten Quartal 2022 abschließen können. Gibt das BfArM die Genehmigung, können wir in etwa einem Jahr in Phase eins der klinischen Prüfung einsteigen“, sagt Stefan Engelhardt. In dieser ersten von drei klinischen Phasen vor der Zulassung wird ein Medikament zunächst einem kleinen Kreis von Personen verabreicht.

Entscheidende Unterstützung durch TUM Venture Lab Healthcare

Mit Unterstützung des TUM Venture Labs Healthcare konnte das Start-up rnatics in kürzester Zeit ausgegründet werden und die notwendigen Vorbedingungen für die Entwicklung eines Medikaments erfüllen. Mitgründer sind der erfahrene Biotechnologie-Unternehmer und Investor Dr. Thomas Frischmuth und Prof. Klaus Rabe, Direktor der Lungenklinik Hamburg/Großhansdorf und Experte auf dem Gebiet der Therapieentwicklung für Lungenerkrankungen. Zudem beteiligt sich die ISAR Bioscience GmbH an der Entwicklung von RCS-21.

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